Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Willenserklaͤrungen. 159 
durch welchen die auflösende Bedingung wirklich wird, veranlaßt; so wird in Anse- 
hung seiner angenommen, daß die Bedingung nicht eingetreten sei 122). 
§s. 120. Ist Jemandem ein Recht oder Vortheil unter der Bedingung, daß er 
seinen verwitiweten Stand nicht ändere, eingeräumt worden, so kann derselbe, wenn 
er sich wieder verheirathet, die gezogenen Nutzungen herauszugeben, niemals angehal- 
ten werden 122). 
§. 121. Es hängt von dem Erklärenden ab, für das unter einer auflösenden 
Bedingung einzuräumende Recht, gleich bei der Einräumung 14) desselben, Kautions- 
leistung zu fordem. 
  
122) S. o. Anm. 106 zu 38. 104. 
123) Dieses Gesetz hat eine eigene Geschichte. Die Ehelosigkeit ist so wnig unsiarlch, daß sie 
sogar dem Stande, der die Pflege der Sittlichkeit ganz besonders zu seinem Lebensberufe hat, besondere 
Pflicht ist; deehalb kann auch die Bedingung der Ehelosigkeit unmöglich unsittlich sein. Sie ist von 
der Römischen Gesetzgebung aus publieististen Gründen durch die lex Julla ausdrücklich verboren wor- 
den. L. 22, L. 63 8. 1, L. 72, S. 5, L. 77, 8. 2, L. 100 D. de cond. (XXXV, 1); L. 65, 8. 1 
D. ad S. C. Treb. (XXXVI, 1). Unter welcher Beränderung das Berbot in das L. R. übergegangen, 
ergiebt der §. 10 d. T. — Anders ist es mit dem Wiuwensbande gewesen; die Bedingung der Ehe- 
lostnen nach einer früheren, durch den Tod getrennten Ehe, ist im jüngsten R. R. zugelassen. Die 
Verf. des L. R. haben dies ausgenommen, doch wieder mit einer willkürlichen Beschränkung in Anse- 
dung der Nutzungen. Im Ulebrigen ist in der Wirksamkeit der Bedingungen nichts geändert. — (4. A.) 
Die Berabredung in einem Erbvertrage, daß der Ueberlebende für den Fall, daß er heirathe, einen 
n im Erbvertrage eingeräumten Vortheil wieder herauszugeben verpflichtet sei, ist keine unerlaubte. 
r. des Obertr. v. 2. Juni 1856 (Arch. f., Rechtsf. Bd. XXVI, S. 13). 
124) Das braucht freilich nicht erst durch ein Cesetz festgestellt zu werden, da die Betheiligten 
unter sich ausmachen können, was sie wollen. Deshalb kann die Sicherstellung auch bei einer auf- 
schiebenden Bedingung ausbedungen werden. Allein der praktische Vorhheil deeste Gesetzes liegt an- 
derswo; er tritt hervor bei den unfreiwilligen Ueberlassungen (Expropriationen) auf Zeit, d. h. unter 
dem Bedinge der künftigen Rückgabe, wenn der Erwerber von der Sache nicht mehr sollte Gebrauch 
machen können. In solchem Falle muß er den Eigenthümer für den unverschlechterten Zustand der 
Sache bei der künstigen Rückgabe und für die ihm entgehenden Abnutzungen während der Zwischenzeit, 
bei der Uebernahme der Sache sicher stellen. Vergl. I, 14, §. 182. (4. A.) Das Obertr. ist dieser 
Ausicht nicht beigetreten. Durch das Rev.-Erk. v. 18. Mai 1863 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLIX. S. 211) 
dat dasselbe die Kautionssorderung wegen des einer Gewerkschaft überlassenen Grundes und Bodens 
abgewiesen. Der §. 121 spreche nur von Willenserklärungen, nicht aber von denjenigen Befugnissen, 
welche dem Grundeigenthümer zustehen, der gezwungen ist, sich eine Einschränkung seines Eigenthums 
zum Vortheile des Staates oder auderer Bürger gesallen zu lassen, dessen Ansprüche auf Entschädi- 
gung theils nach den allgemeinen Vorschriften des §. 75 der Einl. u. der 85. 29 ff., I, 8, theils nach 
den spcziellen gesetzlichen Bestimmungen, wodurch die Pflicht zur Abtretung oder Cinschränkung festge- 
setzt wird, zu beurtheilen sind. (S. 213.) Hierdurch wird jedoch die Nicktberecktigung der Cordrrung 
auf Eichersteunn des zwangsweise auf Zeit entzogenen Eigenthums nicht dargelegt. Eigenthum 
kann, wenn sonst die Voraussetzungen dazu vosbonden sind, nur gegen vollständige Entschädigung 
entzogen werden. Die Entschädigung muß, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Über wechselseitige Lei- 
sungen in der Regel Zug um Zug — nach Art. 9 der Verf.-Urk. sogar vorgängig — geschehen. 
i eigenthümlichen Ueberlassungen vollzieht sich dies leicht durch Kapitalszahlun Kenn aber die 
Ueeberlassung auf Zeit und gegen eine jährliche Rente geschehen muß, so tritt die Ausnahme ein, daß 
der Eigenthümer vorleisten muß. Wird er gezwungen, dieses ohne Sicherstellung für die künftige Ge- 
geuleistung zu thun, so wird er in seinen geheiligten Rechten, in seinen Ecemthumorcchten. verletzt, 
r Rechtsschut wird üm verweigert. 1851 hat ein Grundeigenthümer in Biumenthal bei Neisse auf 
diese Weise einen Theil seines Grundeigenthums verloren. Eine Gewerkschaft hatte, nachdem sie durch 
Losriauten die durch die Bergbehörde ohne Weiteres in Besitz genommenen Ackerflächen aufgedeckt und 
in Unland mit 10—12 F. tiefen und 30—40 □R. weiten Wasserlöchern verwandelt, sich ausgelöst, 
die Gewerken waren theils nach allen Richrungen der Mindrose verschwunden und verschollen, theils 
verarmt; der Eigenthlimer hatte das leere Nachsehen. Das zu verlangen hat kein Expropriationsbe- 
rechtigter ein Recht, er muß nach allgemeinen Rechtegrundsätzen vollständig gegenleisten, en#weder sofort 
oder, wenn künftig, insoweit als es sogleich möglich ist, indem er dafür Sicherheit bestellt. Das gehört 
mit zur vollständigen erst künftigen Emschädigung, sonst würde er solche eben schuldig bleiben. Daher 
bestimmt das Eisenbabngesetz v. 2. Nov. 1838 im §. 13 nicht etwa willkührlich und poficiv, sondern 
nur folgeweiser Für vorübergehende Benutzung von Grundstücken ist die Emschädigung in gleicher 
Art wie der Expropriation zu bestimmen. Es kann aber für deren Gewährung die 
Bestellung einer angemessenen Kantion verlangt werden. Dezu sagt das Obera.
	        
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