Kleinod, einen feingestickten Schleier, der noch von all ihren Habselig—
keiten übrig geblieben war, in die Hand. Ihn hatte am Hochzeitsfeste
die gute Mutter ihr ins Haar geknüpft und gesegnet, darum war der
Schleier ihr so lieb und wert. Sie betrachtete denselben unter tiefem
Seufzen lange mit thränenfeuchten Blicken; denn zentnerschwer drückte
ihr Herz der schreckliche Gedanke, ihr kostbarstes Pfand mütterlicher
Liebe zu veräußern. Endlich entschloß sie sich, freilich schweren Her—
zens, zum Verkaufe des Brautschleiers. Aus dem gelösten Gelde kaufte
Basler, nachdem er für das nötige Brot gesorgt hatte, Unschlitt ein,
um sein Geleucht aufschütten zu können. Er wollte nämlich, um sein
Glück zu versuchen, noch einmal anfahren, dann aber, falls auch die—
ser Versuch mißglückte, den Bergbau, der ihn zum Bettler gemacht,
aufgeben. — Als sich nun Basler zur Fahrt nach der Grube gerüstet
hatte, sprach er, treu seinem gewohnten Spruche: „Bete und arbeite!“
ein herzinniges Bergmannsgebet, fuhr hierauf ein und schritt an's
Tagewerk. „Herr“, sprach er zu sich selbst, Du kennest mein ehrliches
Sinnen und Trachten, sowie meinen und der Meinigen Jammer und
Gram; erbarme Dich unser und segne heute meiner Hände Arbeit, da—
mit ich viel, recht viel zur Verherrlichung Deines Hauses beitragen
kann!“ — Es gingen nämlich gerade zu derselben Zeit — es war im
Jahr 1536 — die Grafen Hieronymus und Laurenz Schlick daran,
in Joachimsthal, dem rasch aufgeblühten und zu den schönsten Hoff-
nungen berechtigenden Bergorte, eine neue, stattliche Kirche zu bauen.
Wie sehr mochte sich wohl unser frommer Basler, der früher so reiche
Bergherr, gekränkt haben, daß er jetzt in seiner größten Armut gar
nichts zum Baue des Gotteshauses beisteuern konnte! Er ergriff, ge-
stärkt durch sein unerschütterliches, festes Gottvertrauen, sein Gezäh
und arbeitete mit solcher Kraft, daß das Gestein weit umhersprang.
Da bemerkte er auf einmal, daß das Unschlitt in seiner Lampe zu
Ende ging; er wollte nun sein Geleucht wieder auffüllen, allein das
Unschlitt war verschwunden. Bestürzt und unmutig, daß ihm auch
seine letzte Hoffnung vereitelt sei, suchte er nach dem Unschlitt und sah
eine Maus mit demselben ihrem sicheren Verstecke zueilen. Über das
mutwillige Tierchen erzürnt, erfaßte Basler seinen Schlägel und warf
nach dem Mäuschen. Aber nicht dieses zerschmetterte sein wuchtiger
Wurf, sondern das Felsgestein an der Offnung der Wand, in der das
Mäuschen verschwunden war. Doch siehe, was schimmert da unserm
Basler entgegen? Ists bloß blendender Schein oder Wirklichkeit? Er
prüft und findet, daß eine Silberader sich vor ihm geöffnet hat. So
wurde mit einemmale Basler auf höchst merkwürdige und überraschende
Weise wieder in den Stand gesetzt, den Bergbau mit vielen Knappen
—
318