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Wenn ich nun im Folgenden die Selbstverwaltung im „Rechts-
sinne“ erörtern will, so ist dadurch implicite schon angedeutet,
dass dieses Wort auch noch in einem anderen Sinne gebraucht
wird, nämlich, wie allgemein gesagt wird, im politischen ?).
Es ist nun neuerdings gerade und mit Recht das Hauptbe-
streben der hervorragendsten Lehrer des öffentlichen Rechts, die
früher vielfach beliebte politische Betrachtungsweise dieses
Rechtsstoffes durch eine juristische Methode zu ersetzen ?°).
Ehe ich nach diesen Gesichtspunkten den Stoff und die ver-
schiedenen Ansichten gruppire, bedarf es einer Verständigung
darüber, was unter „politischer“, was unter „juristischer“ Be-
trachtungsweise zu verstehen.
MEyER (Staatsrecht $ 15 S. 34) theilt die lehrenden Staats-
wissenschaften, d. h. solche, welche Grundsätze für die staatlichen
Verhältnisse aufstellen, ein:
1. in die allgemeine Staatslehre, welche Begriff und Wesen
des Staates und der anderen politischen Verbände ent-
wickelt;
2. in das Staatsrecht, welches die @rundsätze des Rechts;
3. in die Politik, welche die Grundsätze der Zweckmässigkeit
darstellt.
Der Politik weist MEYER gegenüber dem Staatsrecht eine
doppelte Aufgabe zu:
1. das Staatsrecht selbst auf seine Zweckmässigkeit hin zu
prüfen (Gesetzgebungspolitik);
2. Grundsätze des zweckmässigen Handelns innerhalb der
Normen des Staatsrechtes aufzustellen (Regierungs- und
Verwaltungspolitik).
32) Vgl. LaBann, Staatsrecht 2. Aufl. S. 95. Lönme, Lehrb. des Ver-
waltungsrechts S. 36 und 37. Rosm in Hirth’s Annalen des Deutschen
Reiches 1883 8. 306 ff.
®) Vgl. statt allen Andern: G. Meyer, Lehrbuch des Deutschen Ver-
waltungsrechts. 1883. Vorwort S. 1. Derselbe, Staatsrecht 2. Aufl. Vor-
wort. LaBanp, Vorrede zur 1. Aufl. S. VII und VIII; zur 2. Aufl. S. XII.