Object: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

212 Erster Theil. Flinfter Titel. 
kann der Berechtigte von der mündlich verabredeten *3) Vergütung so viel abziehen, als 
erforderlich ist, 1 6 die noch rückständigen Leistungen zu verschaffen ?27). 
§. 167. WMill hingegen der Berechtigte die Leistung der noch rückständigen Hand- 
lungen nicht annehlnen, so muß der Werth der schon wirklich geleisteten nach den Ge- 
setzen ausgemittelt und vergütet werden. 
§. 168. Uebrigens finden aus einem bloß mündlichen 58#) Vertrage, wegen der 
von dem einen oder dem andern Theile verweigerten 55) Erfüllung, keine Forderungen 
von Entschädigungen oder Interesse statt 5). 
  
Bd. 1II1, S. 248). (5. A.) Das Gleiche gilt auch für den mündlichen und ausgesührten Bollmachts- 
vertrag. Erk. dess. vom 20. September 1864 (Arch. s. Rechtsf. Bd. LVI, S. 179). Vergl. Tit. 13, 
§. 7, Anm. 5 dajzu. 
(5. A.) Hat bei einem Neubau an der Grenze der Nachbar ein Untersagungsrecht geltend gemacht 
und dabei mündlich erklärt, daß er mit dem Baue zufrieden sein wolle, wenn die Mauer bis an das 
Dach abgebrochen werde, und hat der Bauende diese Forderung sogleich erfüllt; so kann der Nachbar 
von diesem mündlichen Abkommen nicht mehr zurücktreten, vielmehr sind dadurch alle entgegenstehen- 
den früheren Verhandlungen der Parteien über den Bau erledigt. Erk. des Obert. vom 25. Februar 
1864 (Arch. f. Rechtef. Bd. LIII, S. 164). 
53) Bestcht diese in Sachen oder geldwerthen Handlungen, so werden diese geschätzt, und von 
deren Werthe werden die Kosten der noch rückstäudigen Leistungen abgezogen. Der Rest ist dasjenige, 
was dem Anderen für die geleisteten Handlungen gebührt. Ist das Resultat ein Deficit, so erhält 
derselbe nichts, ist aber auch nichts weiter schuldig, nach S. 168 d. T. 
53a) (5. A.) Zur Aussöhrung eines Abzuges auf eine zu leistende Vergutung wird erfordert, 
daß sowohl die Vergürung als der darauf zu machende Abzug in bestimmten, ihrer Quantität nach 
seststchenden fungiblen Sachen besteht. Sind die Handlungen und Leistungen spezifischer Art, welche 
von Zeit, Person und anderen Umständen abhängen und in ihren einzelnen Leistungen und ihrem 
Umsfange im Voraus nicht bestimmt werden können, so sind sie nicht geeignet, unter den Begriff der 
im §. 166 gemeinten Verglitung, welche die Möglichkeit eines Abzugs gestatten muß, fubsumirt zu 
werden, weil sie nicht die Rechnungsfaktoren darbieten, welche erforderlich sind, um an einer Geld- 
summe oder einem anderen Werthgegeustande einen Abzug vornehmen zu können. Außerdem enthält 
der §. 166 eine Vorschrift nur zur Bestimmung, in welchem Umfange derjenige, dem der Rücktrin 
vom Vertrage zur Last sällt, für seine bereits geleisteten Handlungen die verabredete Vergütung for- 
dern kann; nicht aber verhält er sich über den Anspruch, den der andere Kontrahent für seine vei- 
stungen als Vergl#tung oder sonst als Entschädigung erheben darf, wofür die SS. 156 —160, 168, 
167, 168 maßgebend sind. Erk. des Obertr. v. 26. März 1868 (Arch. s. Rechtsf. Bd. LXX, S. 262). 
5 Aber schriftlich abzufassen gewesenen. R. vom 26. Sept. 1838 (Jahrb. Bd. LII, S. 147). 
. Anm. 56. 
55) Lediglich auf den Fall der gang oder theilweise verweigerten Erfüllung bezieht sich diese Vor- 
schrift. Ist der Bertrag von beiden Seiten vollständig erfüllt, und hat er keine unbewegliche Sache 
zum Grgenseande, so hat er Geltung und Beständigkeit erhalten, mithin auch rechtliche Folgen. §F. 146 
und Anni. dazu. 
Das ist auch von dem Obertr. angenommen. Den ersten Satz enthält das Pr. 693 v. 29. Mai 
1839: „Dies Gesetz bezieht sich nicht auf eine gesorderte Vergütug behaupteter Gewährsmängel bei 
einem, seinem Hauptgegenstande nach bereits erfüllten Vertrage, sondern lediglich auf eine Entschädi- 
gung für solche Nachtheile, die einem Kontrahenten daraus, daß der verabredete Kontrakt wegen er- 
solgter Sinnesänderung des einen Kontrahenten gar nicht zur Erfüllung gekommen, oder rückgängig 
geworden, entstanden sein sollen.“ 
Das Andere sagt das Pr. 1645, v. 21. Nov. 1845: „Ist in Fällen, wo die Gesctze einen schrift- 
lichen Vertrag erfordern, derselbe bloß mündlich geschlossen, aber von beiden Seiten erfüllt worden, 
so wird der, wegen nicht gehöriger Erfüllung des cinen Kontrahenten von dem anderen erbobene An- 
spruch auf Entschädigung durch die Vorschrift des §. 168 nicht ausgeschlossen.“ 
56) Der Grund ist der Mangel eines gültigen Vertrages, daher eben die entsprechende Klage aus 
dem Rechtsgeschäfte nicht gegeben ist. Nur wenn durch Leistung ein Realkomrakt daraus geworden ist, 
findet zwar auch nicht die actio praescriptis verbis (die Kontraktsklage) statt, worin eben einc wichrige 
Verschiedenheit des L. R. vom R. R. liegt; wohl aber die condictio ob causam, bei welcher selbstver- 
ändich weder von Entschädigung, noch von Interesse die Rede sein kann. (4. A. Deshalb ist der 
nspruch auf Bergütung oder Nachleistung wegen nicht gehöriger Erfüllung durch die Vorschrift des 
§ 168 nicht aueusschlossen. Vergl. Erk. des Obern. v. 16. Juni 1853 (Arch. f. Rechtsf. Bd. X, 
S. 750. Das setzt natürlich einen solchen mündlichen Vertrag voraus, welcher schriftlich hätte abgesaßt 
werden müssen und deshalb ungülltig ist; aus einem an sich gültigen mündlichen Vertrage finden diese 
 
	        
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