1870. 99
XLVI. Nachtrags-Gesetz
zur Strafproceß-Ordnung, vom 15. November 1870.
Wir Georg, von Gottes Gnaden Fürst zu Schwarzburg 2c.,
haben mit Rücksicht auf das neue Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund
vom 31. Mai 1870 (Bundesgesetzblatt Seite 195) auf Antrag Unseres Mini-
steriums sowie mit Beirath und Zustimmung des getreuen Landtags folgendes
Nachtragögesetz zur Strafproceß. Orduung vom 26. April 1850 (Gesetzsammlung
S. 181) zu erlassen beschlossen.
§. 1.
Die Bestimmungen der Strasproceß. Ordnung und der zu derselben erlassenen
Nachtragsgesetze über die Zuständigkeit der verschiedenen Gerichte zur Untersuchung
und Entscheidung behalten hinsichtlich derjenigen Verbrechen, Vergehen und Ueber-
tretungen, welche vor dem 1. Januar 1871 begangen worden sind, auch nach
dem gedachten Zeilpunkte ihre volle Gültigkeit, ohne Unterschied, ob die Unter-
suchung vor oder nach dem 1. Jannar 1871 eingeleitet wird und ob auf die den
Gegenstand derselben bildende Handlung die Vorschriften des gegenwaärtig geltenden
Snafgesetzbuchs oder des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund anzu-
wenden sind.
Hinsichtlich aller nach dem 1. Januar 1871 begangenen strafbaren Hand-
lungen dagegen treten an die Stelle der in der Strafproceß. Ordnung und deren
Nachträgen enthaltenen Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte in erster
Instanz die nachstehenden Bestimmungen: ·
I. Zur Kompetenz der Geschwomengerichte gehören und sind nach den in den
Strasproceßgesetzen für Verbrechen im engeren Sinne gegebenen Vor.
schriften zu behandeln: alle Verbrechen im Sinne des §. 1 ulin. 1 St.-G.-B.
mit Ausnahme:
1) der im S. 176 J8 1—3 St.-G.-B. ausgeführten Verbrechen wider
die Sittlichkeit;
2) des schweren Diebstahls (§. 243 St.= G.-B.), insofern nicht der §F. 244
St.= G.-B. zur Anwendung kommt;