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in den Münsterschen Landesteilen in einer die Privatrechte der Gutsherren rück—
sichtslos beiseite setzenden Weise zu regeln bezweckten, war er es vor anderen,
der — unbeirrt durch die damalige Strömung einer erregten öffentlichen Meinung
— dieser Richtung der Gesetzgebung publizistisch entgegentrat und die Halt= und
Rechtlosigkeit eines solchen Verfahrens schlagend nachwies. Man sagt, daß sein
damaliges Auftreten zuerst die Aufmerksamkeit des Großherzogs Paul Friedrich
August auf ihn gelenkt und so seinen Eintritt in das Ministerium vorbereitet
habe. Schon am 1. Januar 1850 war er zum Ober-Gerichtsrat und Vorstand
des Militärkollegiums ernannt worden; in das Ministerium berufen, ward er
mit dem Titel Staatsrat am 11. Mai 1851, als der Verlauf der deutschen
Angelegenheiten eine ministerielle Krisis in Oldenburg hervorgerufen, zugleich
aber auch in immer weiteren Kreisen die Ueberzeugung Boden gewonnen hatte,
daß die Sicherung der Ruhe und des Rechtszustandes des Landes eine Revision
der unter der unmittelbaren Einwirkung der bewegten Zeit von 1848 zu stande
gekommenen Verfassung dringend erheische.
Die Revision des Staatsgrundgesetzes war die erste Aufgabe des neu-
gebildeten Ministeriums von Rössing, und sie ward rasch und mit glücklicher
Hand gelöst; schon am 22. November 1852 konnte die neue Verfassung ver-
kündet werden, nachdem dieselbe die freie Zustimmung zweier auf einander
folgenden Landtage gefunden hatte. Der Revision der Staatsverfassung schloß
sich dann alsbald in gleicher Richtung mit gleichem Erfolge eine Revision der
ebenfalls von unhaltbaren Bestimmungen nicht frei gebliebenen evangelisch-luthe-
rischen Kirchenverfassung an.
Nach dem Tode des Großherzogs Paul Friedrich August — 27. Februar
1852 — blieb das Ministerium in seiner Zusammensetzung unverändert. Herr
v. Rössing war schon im August 1851 zum Vorsitzenden im Staatsministerium
förmlich ernannt worden; am 1. Januar 1854 erhielt er auch den Titel Minister.
Seiner Leitung waren neben dem Ministerpräsidium untergeben — und sind
es während seiner einundzwanzigjährigen Amtsführung unter der Regierung des
Großherzogs Nikolaus Friedrich Peter unverändert geblieben — die Departe-
ments des Auswärtigen und des Großherzoglichen Hauses, der Justiz und der
Kirchen und Schulen.
Nach der Ordnung der Verfassungsverhältnisse blieb die Hauptaufgabe der
Regierung während des nächsten Jahrzehnts und darüber hinaus dahin gerichtet,
die durch das Staatsgrundgesetz vorgeschriebenen Grundsätze und Einrichtungen
auf den verschiedenen Gebieten des Rechtes und des öffentlichen Lebens durch
umfassende Spezialgesetze zu verwirklichen. Dies bedingte eine ungewöhnlich
umfängliche Thätigkeit der Gesetzgebung nach allen Richtungen und nicht am
wenigsten in dem Herrn v. Rössing anvertrauten Departement der Justiz. Nach
langer und gründlicher Vorbereitung kam unter seiner Leitung im Jahre 1858
namentlich die neue Organisation der Gerichte zu stande, verbunden mit einer