1875. 221
Wir Wilhelm
von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen
2c. 2c.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfsolgter Zustimmung des Bundes-
raths und des Reichstages, was folgt:
8. 1.
Der Impfung mit Schutzpocken soll unterzogen werden:
1) jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr folgenden Kalender-
jahres, sofern es nicht nach ärztlichem Zeugniß (§F. 10) die natürlichen
Blattern überstanden hat;
2) jeder Zögling einer öffentlichen Lehranstalt oder einer Privatschule, mit Aus-
nahme der Sonntags= und Abendschulen, innerhalb des Jahres, in welchem
der Zögling das zwölste Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nach ärzt-
lichem Zeugniß in den letzten fünf Jahren die natürlichen Blattern über-
standen hat oder mit Erfolg geimpft worden ist.
5. 2.
Ein Impspflichtiger (§. 1), welcher nach ärztlichem Zeugniß ohne Gefahr für
* sein Leben oder für seine Gesundbeit nicht geimpft werden kann, ist binnen Jahres-
frist nach Aufhören des diese Gefahr begründenden Zustandes der Impfung zu
unterziehen.
Ob diese Gesahr noch sortbesteht, hat in zweifelhaften Fällen der zuständige
Impfarzt (§. 6) endgültig zu entscheiden.
8. 3.
Ist eine Impfung nach dem Urtheile des Arztes (§. 5) erfolglos geblieben,
so muß sie spätestens im nächsten Jahre und, falls sie auch dann erfolglos bleibt,
im dritten Jahre wiederholt werden.