1879. 200
Fünfter Abschnitt.
Von der unfreiwilligen Versetzung in den Ruhestand.
S. 35.
Ein richterlicher Beamter, welcher wegen eines körperlichen Gebrechens oder
wegen körperlicher oder geistiger Schwäche zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd
unfähig wird, ist in den Ruhestand zu versetzen.
Sucht der Beamte in einem solchen Falle seine Versetzung in den Ruhestand
nicht selbst nach, so findet das in den nachstehenden Paragraphen (36—39) vorge-
schriebene Verfahren statt.
S. 36. «
Der richterliche Beamte oder nöthigenfalls sein hiezu besonders zu bestellender
Kurator wird von dem zuständigen dienstlichen Vorgesetzten von Amtswegen oder auf
Antrag der Staalsanwaltschaft schristlich unter Angabe der Gründe darauf auf-
merksam gemacht, daß der Fall seiner Versetzung in den Ruhestand vorliege.
Zuständig zu Vornahme dieser Eröffnung ist der Präsident des Oberlandes-
gerichis in Ansehung des Präsidenten des Landgerichts, der Präsident des Landge-
richts in Ansehung der Mitglieder dieses Gerichts und sämmtlicher Amtsrichter
seines Bezirks.
8. 37.
Sucht der richterliche Beamte oder dessen Kurator innerhalb sechs Wochen
nach der ihm in Gemäßheit des F. 36 gemachten Eröffnung seine Versetzung in den
Ruhestand nicht freiwillig nach, so hat ein vom Präsidenten des Oberlandesgerichts
zu ernennender Richter-Commissar die Thatsachen, durch welche die Versetzung in den
Ruhestand begründet werden soll, zu erörtern, insbesondere etwaige Zeugen und
Sachverständige eidlich zu vernehmen und schließlich den betheiligten richterlichen
Beamten oder dessen Ausdten mit seiner Erklärung über das Ergebniß der stattge-
habten Erörterungen zu
Zu den Vahmalnger n ein verpflichteter Protokollführer zuzuziehen.
8. 38.
Die Entscheidung darüber, ob der Fall der Versetzung in den Ruhestand vor-
liege, erfolgt nach Gehör der Staatsanwaltschaft durch das Plenum des Oberlandes-
gerichts in nichtöffentlicher Sitzung.
Das Gericht kann vor der Beschlußfassung die Vorladung des betheiligten