50 1897
LAXVI. Verordnung
vom 15. Oktober 1897,
betreffend die strafrechtliche Verfolgung von Deutschen wegen der von
ihnen in der Schweiz begangenen Verbrechen oder Vergehen und von
Schweizern wegen der von ihnen in Deutschland begangenen Verbrechen
oder Vergehen.
1. Soll ein Deutscher wegen eines in der Schweiz begangenen Verbrechens
oder Vergehens vor einem deutschen Gericht verfolgt werden, so ist die öffentliche
Klage erst zu erheben, wenn die Strafverfolgung im diplomatischen Wege bean-
tragt worden ist. Die Befugniß zur Einleitung und Durchführung des vorberei-
tenden Verfahrens wird hierdurch nicht berührt.
Ist der Beschuldigte in dem vorbereitenden Verfahren vorläufig festgenommen
oder verhaftet, so ist dem Ministerium (Justizabtheilung) von dem zuständigen Ersten
Staatsanwall sofort zu berichten. Bericht ist auch dann zu erstatten, wenn dies
nach Lage der Sache aus einem anderen Grunde zweckdienlich erscheint.
Sind durch die strafbare Handlung deutsche Rechtsgüter verletzt, so kann bei
Gefahr im Verzuge die öffentliche Klage auch ohne einen im diplomatischen Wege
gestellten Antrag erhoben werden; von der Erhebung ist dem Ministerium (Justiz=
abtheilung) sofort Anzeige zu erstatten. Liegt Gefahr im Verzuge nicht vor, so
ist vor Erhebung der öffentlichen Klage an das Ministerium (Justizabtheilung) zu
berichten und dessen Entscheidung abzuwarten.
Geht das Ersuchen einer schweizerischen Behörde um Uebernahme der Straf-
verfolgung, die Strafanzeige oder der Strafantrag nicht im diplomatischen Wege
ein, so ist der Einsender — auster in den Fällen des vorhergehenden Absates —
dahin zu bescheiden, daß ihm überlassen bleibe, die Stellung seiner Anträge im
diplomatischen Wege herbeizuführen. Ergiebt sich das Vorhandensein der Voraus-
sebungen des Abs. 3 erst nach erfolgter Bescheidung, so kann die Staatsanwalt-
schaft geeignetenfalls den Einsender von der Erhebung der öffentlichen Klage in
Kenntniß setzen.