fullscreen: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

68 Eileitung. 
§. 86. Rechte, welche durch die Gesetze nicht unterstützt werden, heißen unvoll- 
kommene, und begründen keine gerichtliche Klage oder Einrede ?22). 
§. 87. Handlungen, welche weder durch natürliche, noch durch positive Gesetze 
verboten worden, werden erlaubte genannt?). 
kein Recht oder Rechtsverhältniß begründet werden, welches, wie z. B. die Erbpacht, abgeschafft ist 
oder soust der Anerkennung entbehrt; und ebenso können durch andere Handlungen, die nicht Willens- 
erklärungen sind, nur in gofern idilrechte enrseehen b„ als die Gesetze solche daran knüpfen. Vergl. 1, 
3, S. 32. Mit diesem §F. 85 sind die folgenden beiden §86. 86 und 87 zu verbinden; sie beziehen sich 
nicht auf die vorhergehenden ##§. 83 und 84. — In einer Entscheidung des ehemaligen Königsderger 
Tribunals v. 1826 (Simon's Rechtsspr. II, 377) wird der Satz behauptet, daß „die Gesetze“, wo- 
durch nach diesem §. 85 die aus Handlungen u. s. w. entspringenden Rechte bestimmt werden, die Ge- 
Fer der Gerichtsbarkeit des Handelnden seien. Dieser Satz ist in seiner Allgemeinheit falsch. S. die 
um. 44 zu §. 33. 
93) Die hier gemeinten Rechte sind solche, welche durch Handlungen nach der Absicht der Parteien 
begründer werden sollten, oder durch Begebenheiten nach dem Moralgesetze entstehen sollten, die aber von 
dem bürgerlichen Rechte nicht anerkonnt werden; sie sind ein der rôm. Naturalobligation Aehuliches. 
Eine Klage ist aus einem solchen „unvollkommenen Rechte“ nie zu begründen. Dagegen erleidet die 
Regel, daß dadurch auch keine Einrede begründet werden kann, manche Ausnahme, z. B. I, 16, 
§#. 178, 179; II, 2, §. 138. Näheres hierüber im Priv.-R., §. 453. Dic Eintheilung in „voll- 
kommene" und „unvollkommene“ Rechte gehört dem Zeitalter des A. L. R. an; die Begriffe 
standen aber nicht fest. Unter den vollkommenen verstand man erzwingbare und nannte sie des- 
halb auch Zwangspflichten; die unvollkommenen sollten unerzwingbar sein und desbalb Lie- 
bespflichten heißen. Das Gebier der letzteren war das Vernunstrech: oder das Naturrecht. 
Weber, natürl. Verbindlichkeiten S. 40; Glück, Erläur. Th. 1. S. 32 und die das. Note 64 ge- 
nannten Schriftsteller. Augenscheinlich haben die Verf. des L. R. diese Theorie vor Augen gehabt. 
94) Unter den „natürlichen“ Gesetzen werden, nach der ebengedachten Theorie, Sittengesetze ver- 
standen. Der Gegensatz des §. 87 sind Handlungen, welche durch positive oder durch Sittengesetze ver- 
boren sind, die unerlaubten. Die unerlaubten Handlungen sind entweder strafbare, oder nur 
widerrechtliche. Diese Unterscheidung ist praktisch wichtig. Was zu der einen oder der anderen 
Spezies gehört, bestimmt sich nicht nach den im §. 87 bezeichneten beiden Quellen der natürlichen und 
der positiven Gesetze. Irrig ist die Lehre des Obertr. in den Entsch. Bd. XIII, S. 508, wo vorgetra- 
gen wird: die unerlanbten Handlungen, die das positive Gesetz ausdrücklich verbietet, seien unerlaubte 
Handlungen im engeren Sinne, und zögen außer der Pflicht zur Entschädigung Strafe nach sich; die 
durch das natürliche Gesetz verbotenen Handlungen hätten nur civilrechtliche Folgen. Das detzte ist 
richtig, das Erste nicht. Es giebt viele durch das positive Gesetz verborene Handlungen, welche nicht 
Snof nach sich ziehen, sondern nur civilrechtliche Folgen haben, z. B. die Ausbedingung von mehr 
als 5 Prozent Zinsen, die Verabredung einer immerwährenden persönlichen Dienstbarteit, die Ver- 
Michtung zur Sklaverei, die Konstituirung von verbotenen Beschränkungen des Eigenthums und dergl. 
(4. A. Auch die Begriffebestimmung, welche das Obertr. in dem Erk. v. 7. Juni 1853 (Arch. f. Rechtef. 
Bd. 1X, S. 251)] dahin giebt: eine Handlung sei nur dann unerlaubt, wenn das Gesetz sle besonders 
verbiete, nicht ober, wenn sice bloß gegen eine kontraktliche Verpflichtung verstoße, ist in ihrem ersten 
Satze, nach dem Wortlaute des §. 87, viel zu enge; der Gegensatz ist auch nur mit Vorbcehalt 
anzuerkennen.) Der Auedruck „unerlaubte Handlungen“ wird in den Gesetzen bald zur Bezeichnung 
des Ganungsbegriffes, bald für strafbare, bald für bloß widerrechtliche Handlungen gebraucht. Der 
Titel 6: „von Pflichten und Rechten aus unerlaubten Handlungen“ bezicht sich auf den Gattungsbe- 
griff, mithin sowohl auf strafbare Handlungen, als auch auf bloße Rechtswidrigkeiten, wie z. B. Zö- 
gerung (I, 16, FS. 17); ebenso der Ausdruck in I. 3, §. 35; 1, 5, 8. 68; 1. 6, §§. 51, 52, 58, 61; 
1. 9, §S. 362; 1, 13, §. 20; I, 16, S. 205. In 1, 3, §. 34 verb. mit I. 13, . 249, 279; 1, 13, 
58S. 172 — 175; I. 7, S. 196, 145, 242, werden civilrechtliche unerlaubte Handlungen gemeint; und 
in II, 6, S. 7; II, 20, §5. 514; HF. 169 des Anh. zu A. G.O. (I. 24, §. 108) wird der Ausdruck für 
strafbare Handlungen gebraucht. S. auch Entsch, des Obertr. Bd. XIII, S. 511. Kommt der Aues- 
druck „unerlaubte Handlungen“ in einem Gesetze vor, so ist jedesmal aus seiner Beziehung der Sinn 
3 entnehmen, in welchem er gebraucht wird. Der außereheliche Beischlaf (nicht etwa auch die daraus 
olgende Geburt) wird in I, 3, §. 37 nur in sittlichem Sinne als unerlaubte Handlung bezeichnet. 
Vergl. Entsch, a. a. O. S. 507 u. Bd. XVIII, S. 43. (4. A.) Verabredungen, nach welchen bei 
kinderlosen, unglücklichen Ehen dem einen Ehegatten für seine Einwilligung in die Ehescheidung von 
dem anderen Ehegarten gewisse Vermögensvortheile eingeräumt werden, sind als eine nach natürlichen 
oder positiven Gesetzen verbotene Handlung nicht zu betrachten. Erk. des Obertr. dvom 19. Juni 1850 
(Arch. f. Rechtsf. Bd. II, S. 1). — Eine alienatio in fraudem creditorum erklärt das Obertr. für 
keine an sich unerlaubte Handlung, für deren Folgen die Theilnehmer dem Berechtigten solidarisch haf-
	        
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