Besitzergreifung von Schlesien. 355
Nicht allein auf Eroberung, sondern zugleich auf Abfall beruhte
die Besitzergreifung von Schlesien. Mit dem alten von den Piasten
überkommenen Erbrecht des Hauses Brandenburg hatte die Wieder-
herstellung des evangelischen Elementes in seine religiöse und poli-
tische Unbedrängtheit eine innere Verwandtschaft.
Als Brandenburg stark genug geworden war, sein Recht zurück-
zufordern, und endlich auch das Herz dazu faßte, ging der größere
Theil von Schlesien zu ihm über; die militärische Aufstellung und
Macht erweckte das Zutrauen der bisher Bedrückten; die Unterstützung,
die sie leisteten, bahnte wieder den Weg zum Siege.
Daß es nun aber mit dieser Veränderung Bestand haben würde,
nahm man mehr aus einem dunklen Gefühl an, als weil man die
Möglichkeit davon deutlich eingesehen hätte.
Die alten Anhänger des Hauses Brandenburg zitterten, wenn
sie sich die möglichen und ihnen wahrscheinlichen Folgen überlegten.
Andere, gleichgültig oder feindlich gesinnt, hatten der Pläne des
Königs von Anfang an gespottet, sie für Hirngespinnste eines jungen
Menschen erklärt. Um so mehr erhob sich in diesem der Ehrgeiz,
sein Werk zu vollenden; er wollte beweisen, daß seine Entwürfe echte
Gedanken der Politik seien, die er mit Ruhm durchzuführen vermöge.