Die wendische, vogtl. u. altenburgische Volkstracht im 18. u. 19. Jahrhundert. 549
Die seidne Schürze ist etwas länger wie der Rock; bei der Arbeit wird
nicht selten eine zweite hinten herum vorsichtigerweise gebunden. Die Schürzen
waren 1700 weiß und weniger breit. Sie waren unten mit dem Vornamen
der Trägerin und der Jahreszahl der Anfertigung geschmückt. Im Winter und
bei Leichenbegängnissen tragen die Frauen einen schwarzen, sehr langen Mantel
mit Sammetbesatz, der in früheren Zeiten rotes Futter hatte und allgemeiner
getragen wurde (z. B. von der Braut zu Hochzeiten, Mantelabtanzen).
Die Arbeitstracht (Tafel IV, e) ist der geschilderten sehr ähnlich, der
weibliche Spenzer fällt hier weg, wir sehen den „Armel“, und der Stoff ist
gemusterter Kattun. Als charakteristisch bei den meisten Kleidungsstücken
können die bunten Borden und die Streumuster gelten, die den dunklen
grünen, braunen oder blauen Grundton angenehm beleben. Dunkelblau wurde
gern zur Fastenzeit oder zum Abendmahlgang gewählt. Gold= und Silber-
schmuck ist, der vielen Bänder wegen, bei der absonderlichen Tracht nicht viel
vorhanden. Zu festlichen Anlässen zogen die Mädchen knappe, sogenannte
Zugstiefeln an, und noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts war es
üblich, mit solchen Stiefeln zu Tanze zu gehen. Die Strümpfe werden fest-
tags weiß, sonst aber schwarz getragen und werden unter dem Knie durch
breite, sichtbare Strumpfbänder gehalten. Darüber lugt neugierig noch etwas
Fleisch hervor. Mit Perlen gestickte Sammetschuhe vervollständigen die
eigentümliche Tracht.
Zuletzt wollen wir noch kurz auf Fig. 285 himveisen. Wir finden hier
Schmuckgegenstände, welche aus verschiedenen Zeiten und aus verschiedenen
Gegenden unseres Sachsenlandes stammen. Fig. a zeigt einen Kamm, der in
Anordnung und farbiger Verteilung einen außerordentlich zierlichen und
künstlerischen Eindruck hervorruft, ja, man könnte diese Arbeit ganz gut als
eine hochmoderne bezeichnen, die dem Schaufenster eines jeden Juweliers zur
Ehn gereichen würde. Fig. e, g und i stellen Halskettenschlösser dar, teil-
weise mit farbigen Emaillemittelstücken und Filigranarbeiten. Eins der
schönsten Stücke des Museums für sächsische Volkskunde, dem wir diese
Schmuckgegenstände entnommen haben, lernen wir in Fig. f kennen. Die
Wirkung dieser Schnalle ist eine sehr vornehme, die Zeichnung erinnert
an altnordische Art. Fig. c bringt die gebräuchliche Form eines Ohrringes
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, Fig. b zeigt uns einen silbernen
Trau= oder Ehering, Fig. d das uralte Motiv einer Schlange, deren Auge
von einem Opal gebildet wird und Fig. k einen Ring mit dem Bilde des
gekreuzigten Heilandes auf blauem Grunde, der nur aus Blei gegossen ist
und in armen, katholischen Gegenden der Wendei von jungen Mädchen
sonntags getragen wird. Erwähnt seien noch als Beitrag zur Geschichte des
Aberglaubens die sog. Klammringe aus der Neukircher Gegend. Der Toten-
gräber überließ hier die Eisenteile von Särgen, die er in der Marterwoche