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behörde nur auf Antrag des Gewerbetreibenden und nur in Fällen dringenden
Bedürfnisses zu erteilen. Ein solches ist in der Regel nur anzunehmen für kleinere,
nicht ständige Betriebe (Ziegeleien, Steinbrüche usw.) und Bauten, wenn eine zur
Vornahme der Lohnzahlungen geeignete Räumlichkeit auf der Betriebsstätte oder
in deren Nähe nicht vorhanden, ihre Beschaffung auch ohne unverhältnismäßige
Kosten und Schwierigkeiten nicht zu bewirken ist. Voraussezung der Genehmigung
ist, daß Fürsorge getroffen ist, daß die ausgelöhnten Arbeiter nicht zur Entnahme
von Speisen und Getränken oder Waren verleitet werden.
Bei Erteilung der Erlaubnis ist stets der jederzeitige Widerruf ausdrücklich
vorzubehalten. Für größere Bauten und sländige Betriebe ist die Erlaubnis nie-
mals zu erteilen. Abschrift der schriftlich zu erteilenden Erlaubnis ist der höheren
Verwaltungsbehörde einzureichen.
In §5 134 ist die bisherige Vorschrift, daß in Fabriken für die minderjährigen
Arbeiter Lohnzahlungsbücher einzurichten sind, beseitigt; dagegen ist nunmehr vor-
geschrieben worden, daß in allen Betrieben mit mindestens 20 Arbeitern den
Arbeitern bei der regelmäßigen Lohnzahlung ein schriftlicher Beleg über den Betrag
des verdienten Lohnes und der einzelnen Arten der vorgenommenen Abzüge aus-
zuhändigen ist. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift sind durch § 150 Abs. 1
Nr. 2 mit Strafe bedroht.
Es erscheint deshalb geboten, alsbald die von ihr betroffenen Gewerbennter=
nehmer in geeigneter Weise auf sie aufmerlsam zu machen.
D. Fortbilöungs- und Fachschulen.
Zum Besuche der Fortbildungsschule können durch Ortsstatut nichl nur die
am Schnlorte wohnenden, sondern auch die dort beschäftigten gewerblichen Arbeiter
verpflichtet werden. Die Unterrichtszeiten werden von der zuständigen Behörde
festgesebt und bekannt gemacht. In der Regel wird sich die für amtliche Bekannt-
machungen sonst übliche Form empfehlen; es genügt aber auch jede andere Form,
die die festgesetzten Unterrichtszeiten ausreichend zur Kenntnis der Schulpflichtigen
und ihrer Arbeitgeber bringt.
Unter allen Umständen ist der Versuch zu machen, mit der beteiligten Ge-
meinde im Wege der Verhandlung zum Einvernehmen zu gelangen, bevor von
der durch § 120 Absatz 4 gewährten Befugnis Gebrauch gemacht wird.