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fallen, wenn sie sich als Streitigkeiten in dem oben be-
handelten Sinne zwischen der Regierung und der Volksver-
tretung darstellen.
Wann ist nun dies der Fall? Zweifellos dann nicht,
wenn es ein Streit ausschließlich mehrerer Prätendenten um
den Thron ist, an dem die Volksvertretung nicht beteiligt ist.
Darin ist Laband!) allerdings zuzustimmen, daß ein
solcher Streit niemals ein Verfassungsstreit sein kann.
Nicht aber hat Laband Recht, wenn er die Identität eines
Thronfolgestreites mit einem Verfassungsstreite schlechthin
deshalb leugnet, weil es sich hierbei nie um einen Streit
zwischen der Regierung und der Volksvertretung handeln
könne. Denn warum sollte nicht in solchen Staaten, deren
Verfassungen selbst Normen über die Thronfolge enthalten,
beispielsweise ein Streit über die Anwendung oder Aus-
legung gerade dieser Verfassungsnormen zwischen Regie-
rung und Volksvertretung entstehen können? Daß dieser
Streit dann, da die Normen über die Thronfolge ja selbst
Verfassungsbestimmungen sind, als Verfassungsstreit der
Erledigung durch den Bundesrat unterliegt, wird man doch
nicht leugnen können. Dasselbe ist m. E. der Fall, wenn die
Verfassung eines Staates zwar an und für sich keine Normen
über die Thronfolge enthält, dafür aber auf die Hausgesetze
Bezug nimmt, wie es die preußische Verfassung im Art. 53
tut. Da hierdurch die Hausgesetze zum Bestandteil der
Verfassung erhoben sind ?), kann ein Streit über die Anwen-
dung dieser hausgesetzlichen Bestimmungen sich sehr wohl
als Verfassungsstreit darstellen. Anders verhält es sich
natürlich, wenn die Normen über die Thronfolge nicht in der
Verfassung, sondern ausschließlich in den Hausgesetzen
enthalten sind. Ein Streit über die Auslegung dieser Be-
1) Labanda.a ©. S. 250.
2) ef. in Beziehung auf die preußische Verfassung Born-
hakIS. 84, im übrigen Luther.a.a. ©. S. 40.