Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

134 88. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann 
statt der Todesstrafe auf 10= bis 20jährige Zucht- 
hausstrafe erkannt werden. 
I. Streitig ist, ob § 8 durch § 4 E. G. St. G. B. als Reichs- 
recht ganz oder teilweise ausgehoben ist und ob er noch als Landes- 
recht beim landesrechtlichen Belagerungszustand aufrecht er- 
halten ist. Die Frage ist von großer praktischer Bedeutung, 
weil sich § 4 E.G. und § 8 inhaltlich nicht decken, 3 8 insbesondere 
den Widerstand gegen die Staatsgewalt, allerdings nur in einer 
qualifizierten Form, sowie alle Arten der vorsätzlichen Brand- 
stiftung und Herbeiführung einer Überschwemmung mit dem 
Tode bestraft, während § 4 E. G. nur die gqualifizierten Formen 
dieser letzten beiden Delikte benennt und den Widerstand über- 
haupt nicht aufführt. « 
Das preußische Obertribunal hat in einer Entsch. vom 
10. 2. 1871 (Oppenhoff, Rechtsprechung Bd. 12 S. 89ff.) den 
4 E. G. als reine Zusatzbestimmung zu § 8 angesehen und daher 
folgerichtig den Widerstand in den Formen des §& 8 als der Straf- 
schärfung dieser Bestimmung unterworfen erachtet. Es be- 
gründet dies in folgender Weise: 3 2 E.G. St. G. B. finde nament- 
lich gegenüber einem Spezialstrafgesetz nur dann Anwendung, 
wenn dessen Materie durch das St. G. B. in ihrem gegenständ- 
lichen Umfang erschöpfend geregelt sei, nicht schon dann, wenn 
das neuere Gesetz das ältere mit bloßen Zusätzen versehe, die 
neben dem früheren ohne Widerspruch bestehen könnten; Materie 
und Gegenstand im Sinne des # 2 E. G. sei aber nicht § 8 allein, 
sondern ss# 8 und 9 zusammen, da sie in enger Verbindung mit- 
einander ständen; wolle man durch #§# 4 E. G. die Materie als 
vollständig geregelt ansehen, so müsse man auch §# 9 als auf- 
gehoben ansehen, was nicht der Fall sei; daraus, sowie aus dem 
Hinweis auf Art. 68 R. Verf. und somit auch auf das B. Z. G. 
in § 4 E.G., sowie schließlich daraus, daß § 4 E.G. im Hinblick 
auf die Einschränkung der Todesstrafe im St. G. B. durch die 
Erwähnung der einzeln aufgeführten Verbrechen eine An-
	        
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