Buchstabe a. Falsche Gerüchte. 149
geglaubt. Bezeichnend hierfür ist, daß, soweit ich sehen kann,
kein einziger Fall des §#a einer höchstrichterlichen Entscheidung
unterlegen hat, und auch die neuere Literatur sich mit 5 9a über-
haupt nicht beschäftigt. Nur Sontag, Denkschrift S. 4f. weist
an mehreren Beispielen aus der Praxis auf die Schwierigkeiten
bei der Anwendung dieser Bestimmung hin und befürwortet
eine Abänderung in der Richtung, daß eine Verbreitung objektiv
falscher Gerüchte verboten wird, die geeignet sind, die öffent-
liche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu stören. In der Tat
erscheint namentlich bei Beginn des Krieges und in den Grenz-
provinzen, wo die Gefahr der Irreführung der lokalen Behörden
durch solche Gerüchte nahe liegt, die Bestimmung nicht aus-
reichend. Allerdings bietet § 10 des Gesetzes betreffend den
Verrat militärischer Geheimnisse vom 3. 6. 1914, der den # 15
Preßgesetz beseitigt hat (val. Kitzinger Zeitschr. f. d. ges. Strafr.
Bd. 36 S. 771), eine gewisse Ergänzung, wenn er die vorsätzliche,
einem vom Reichskanzler zu veröffentlichenden Verbote zu-
widerhandelnde Kundgebung von Nachrichten über Truppen-
oder Schiffsbewegungen oder über Verteidigungsmittel während
des Krieges oder bei drohendem Kriege mit Gefängnis oder
Festungshaft bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu
5000 Mark bedroht. Die auf Grund dieser Bestimmung er-
gangene Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. 7. 1914
(Reichsanzeiger Nr. 178) ist zwar ziemlich umfassend gehalten
aber sie kann der Natur der Sache entsprechend nicht alle Möglich-
keiten beunruhigender und schädlicher Gerüchte treffen, zumal
bei einzelnen der aufgeführten Verbote erhebliche Zweifel ge-
äußert worden sind, ob sie der im §# 10 gegebenen Befugnis
noch entsprechen. Auch wird der # 10, wenn er auch allgemein-
rechtlicher Natur ist, praktisch wohl nur auf Preßerzeugnisse
Anwendung finden können. Dieser empfindlichen Lücke haben
die M. B. vielfach, namentlich in den Grenzprovinzen, durch ein
auf Grund des §# b erlassenes Verbot abgeholfen: z. B. es
wurde jede Veröffentlichung in der Presse und jede Mitteilung
in Privatbriefen über Truppenbewegungen, militärische An-