Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Buchstabe b: Einzelne Verbote. 201 
läßt sich auch seine weitgehende Fassung nicht anführen; es 
wird dem Schriftleiter dadurch nur die Aufnahme solcher An- 
zeigen verboten, von denen er weiß oder den Umständen nach 
bei vernünftiger Erwägung annehmen muß, daß sie Heeres- 
bedarf betreffen (R. G. V vom 7. 12. 1915, Leipʒ. 3. 1916 S. 3158). 
6) Ferner ist der öffentliche Anschlag, der Verkauf und das 
Feilhalten von Zeitungen ohne polizeiliche Genehmigung ver- 
boten worden (R.GG. II vom 26. 3. 1915, Leipz. Z. 1915 S. 6971, 
Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 101). Sinn und Zweck des Verbotes 
ist nach dieser Entscheidung, daß Zeitungen erst nach Prüfung 
durch die Polizeibehörde zur öffentlichen Kenntnis gelangen 
sollen. Verboten ist daher jedes ungenehmigte öffentliche Zu- 
gänglichmachen. Unter Anschlag ist daher auch Aushängen, 
Ausstellen oder Auslegen zu verstehen. 
)) Auch für öffentliche Anschläge, Flugschriften oder sonstige 
Veröffentlichungen ist eine Zensur eingeführt worden (R.G. III 
vom 28. 6. 1915, Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 20 VI). Befreit von 
diesem Verbot sind als nicht öffentlich nur Druckschriften einer 
geschlossenen Gesellschaft, die lediglich für ihre durch persönliche 
Beziehungen untereinander verbundenen Mitglieder bestimmt 
sind. Dies trifft auf Mitglieder eines großen politischen Wahl- 
vereins nicht zu; Druckschriften eines solchen gelten, auch wenn 
sie nur für Mitglieder bestimmt sind, als öffentlich. 
) Schließlich gehört hierher das Verbot des Feilhaltens 
von Schriften im Umherziehen (R.G. IV vom 22.3.1915, Leipz. Z. 
1915 S. 6982, Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 20 VI). Unter „Schrift“ 
hat das R. G. hier im Anschluß an die Entsch. Bd. 47 S. 223 
die „Festlegung von Gedankenäußerungen in der Form äußerer 
Zeichen, die dazu bestimmt und geeignet sind, sie dem mensch- 
lichen Verständnis zu vermitteln, sie sinnlich wahrnehmbar zu 
machen und demgemäß aus sich wiederzugeben“, verstanden. 
Aus dieser Begriffsbestimmung hat es das R. G. als gegen 
das Verbot verstoßend angesehen, wenn der Angeklagte eine 
Feldpostmappe mit der Aufschrift: „Feldpostmappe. Der Ver- 
trieb dieser Mappe dient zur Linderung der Not von Arbeits-
	        
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