204 8§ 9 und Abänderungsgesetz vom 11. Dezember 1915.
6) Ebenso wie die Festsetzung der Polizeistunde durch die
Polizeibehörden als Ergänzung des §# 365 St. G. B. jedesmal
ohne weiteres und ohne ausdrückliche Wiederholung das doppelte
Verbot dieser Vorschrift, das sich sowohl gegen den Wirt als gegen
die Gäste richtet, in sich aufnimmt, schließt auch das Polizei-
stundengebot des M. B. jedesmal das Verbot in beiden Richtungen
in sich ein (R.G. III vom 22. 2. 1915 Entsch. i. Str. Bd. 49
S. 90, III vom 28. 6. 1915 siehe oben).
Strafbar macht sich also der Wirt, der das Verweilen der
Gäste über die Polizeistunde hinaus duldet; ein solches straf-
bares Dulden liegt dann vor, wenn der Wirt die Ausübung
seines Gewerbebetriebes nach Eintritt der Polizeistunde fort-
setzt, wobei es gleichgültig ist, ob etwa die Gäste gleichzeitig seine
Hotelgäste oder bei ihm einquartiert sind. Auch eine unentgeltliche
Verabreichung von Getränken kann eine Fortsetzung des Be-
triebes sein, sofern sie zu gewerblichen Zwecken erfolgt, sei es
zur Erhaltung der Kundschaft, sei es auch einem Schutzmann
gegenüber, den sich der Wirt geneigt machen will: vgl. R.G. III
vom 12. 4. 1915 (Leipz. Z. 1915 S. 7575), III vom 21. 6. 1915
(Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 21 VI), III vom 3. 2. 1916 (Recht
1916 S. 195 Nr. 397); dies braucht aber nicht immer und unter
allen Umständen angenommen zu werden und kann nur von
Fall zu Fall entschieden werden (R.G. V vom 21.9.1915, Leipz. Z.
1915 S. 14465, Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 39 und R. G. II vom
23. 11. 1915, Leipz. Z. 1916 S. 393). Auch das bloße Nicht-
auffordern der Gäste zum Verlassen der Wirtschaft nach Eintritt
der Polizeistunde macht strafbar, wenn es in Beziehung zur
Ausübung des Schankgewerbes steht (R. G. III vom 22.10. 1915,
Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 102); der Wirt kann sich nicht damit
entschuldigen, daß das Zahlungsgeschäft längere Zeit in An-
spruch genommen habe; er ist verpflichtet, dafür zu sorgen, daß
das Zahlungsgeschäft rechtzeitig bei Eintritt der Polizeistunde
erledigt ist. Es werden aber auch hier die Umstände zu berück-
sichtigen sein; wenn ein Wirt den Gästen lediglich Schutz vor
Gefahren, etwa eines Unwetters, bietet und sie nicht zum Ver-