Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Buchstabe b: Der strafrechtliche Tatbestand. 227 
Dienstboten handelt, der nicht die weitgehende Berufspflicht 
habe, sich nach dem Bestehen der etwa für Dienstboten geltenden 
besonderen Bestimmungen zu erkundigen. In dem Urteil III 
vom 18. 10. 1915 (Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 72 VI) wird ferner 
eine Gutsbeamtenfrau, deren Mann russische Kriegsgefangene 
beschäftigt, nicht für verpflichtet erachtet, sich über die Verbote 
betr. Schnapsausschank an ausländische Arbeiter und Kriegs- 
gefangene zu unterrichten. Diese letztere Entscheidung geht 
freilich über das Ziel hinaus und muß für die Praxis als äußerst 
bedenklich bezeichnet werden. Im übrigen dürften aber die vom 
Reichsgericht aufgestellten Sätze als zutreffend angesehen werden. 
Sie lassen sich dahin zusammenfassen: Es besteht eine VBer- 
pflichtung der Erkundigung nach den Verboten des M. B. 
Offentliche Anschläge und Zeitungen in den Spalten, die regel- 
mäßig die Verordnungen zu enthalten pflegen, werden daher 
durchzulesen sein, wobei die Umstände des Einzelfalles eine 
Abänderung des Grundsatzes nötig machen können. Eine 
verschärfte Erkundigungspflicht besteht für Gewerbetreibende, 
die auch bei den Behörden oder sonstigen zuständigen Aus- 
kunftspersonen nachzufragen haben. Eine Verletzung dieser 
Verpflichtung macht die Unkenntnis des Verbots zu einer 
fahrlässigen und strafbaren. 
Ist die Zuwiderhandlung ein fortgesetztes Vergehen, so 
muß die Unkenntnis bei sämtlichen Einzelhandlungen vorhanden 
sein, um straflos zu machen. Nachträgliche, vor Beendigung 
der letzten Einzelhandlung erlangte Kenntnis schadet. Wenn 
also jemand ohne Kenntnis eines bestehenden Verbots einen 
durch dieses verbotenen Vertrag einging, so ist die Erfüllung 
desselben strafbar, wenn der Täter vor derselben Kenntnis von 
der Anordnung erhielt (R.G. I vom 1. 11.1915, Leipz. Z. 1916 
S. 359). 
8) Der Unkenntnis steht strafrechtlich gleich der Irrtum. 
Das Bayer. Ob. L. G. hat auch hier zunächst jeden Irrtum, mag 
er verschuldet oder unverschuldet oder fahrlässig sein, mag er 
sich auf das ganze Verbot oder einen einzelnen Ausdruck beziehen, 
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