Buchstabe b: Der strafrechtliche Tatbestand. 229
Ist der Irrtum jedoch ein fahrlässiger und beruht er ins-
besondere auf einer Versäumung der Erkundigungspflicht im
oben erörterten Sinne, so liegt eine strafbare fahrlässige Zu-
widerhandlung vor: F.S. vom 31. 8. 1915, I vom 4. 10. 1915
(siehe oben), I vom 18. 10. 1915 (Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 72 VI),
1II vom 11. 10. 1915 (Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 54), III vom
29. 11. 1915 (Leipz. S. 1916 S. 231°), V vom 4. 1. 1916 (ebenda
S. 4725), III vom 17. 1. 1916 (ebenda S. 600/), I vom 12. 2.
1916 (ebenda S. 6038). Zu beachten ist aberhierbei, daß die Aus-
legung eines Begriffs nach der allgemeinen Volksanschauung
durch den Täter nicht als fahrlässige Verletzung der Erkundigungs-
pflicht anzusehen sein wird; sv lange für ihn kein Anlaß besteht,
seiner eigenen Sachkunde und urteilsfähigkeit hinsichtlich der
Auslegung bestehender Verbote zu mißtrauen, besteht für ihn
keine Erkundigungspflicht; nur wenn tatsächliche Umstände zu
Zweifeln Anlaß geben, erfordert es die Sorgfalt, Erkundigungen
einzuziehen (R.G. I vom 14. 2. 1916, Leipz. S. 1916 S. 6037,
I vom 24. 2. 1916, Recht 1916 S. 194 Nr. 390).
7) Ist Tatumstand im vorstehend erörterten Einne auch
das Interesse der öffentlichen Sicherheit? Muß also der Täter
wissen bzw. sich in keinem Irrtum darüber befinden, daß das
Verbot im öffentlichen Irteresse ergangen ist? Conrad (Leipz. Z.
1915 S. 473) verneint dies für den Fall, daß man, wie oben
geschehen, annimmt, daß die Erwähnung des Interesses der
öffentlichen Sicherheit als Zweck des Verbots in diesem nicht
erforderlich sei, weil man dann auch annehmen mühsse, daß das
Interesse der öffentlichen Sicherheit kein Tatbestandsmerkmal
des Verbotes sei. Auch Ebermayer (Leipz. Z. 1915 S. 659ff.)
schließt sich der Ansicht an, daß, wenn die Hervorhebung des
Zwecks im Verbot nicht erforderlich sei, das Interesse der öffent-
lichen Sicherheit nur im Sinne einer äußeren Voraussetzung
der Strafbarkeit zu verstehen sei. Dagegen nimmt Galli (D. Str. 3.
1915 S. 332) an, daß auch die Bestimmung des Verbots für die
öffentliche Sicherheit Tatbestandsmerkmal sei, das der Täter
kennen müsse. Das Reichsgericht hat, soviel ich sehe, nur in einer