232 89 und Abänderungsgesetz vom 11. Dezember 1915.
eine fahrlässige Zuwiderhandlung zulassen, soweit nicht die Ver-
ordnung selbst dem widerspricht. Auch das Reichsgericht hat in
mehreren Urteilen sich dieser Ansicht zugeneigt, so im Urteil III
vom 31. 5. 1915 (Leipz. Z. 1915 S. 9024), wenn es hier heißt:
beim Fehlen einer ausdrücklichen Vorschrift, und wenn nicht
Wortlaut und Sinn entgegenstehen, muß im Hinblick auf Grund
und Zweck des Verbots und die gebieterische Notwendigkeit
strengster Durchführung angenommen werden, daß auch fahr-
lässige übertretung mit der Strafe des # 9 belegt werden soll.
Ahnlich spricht es sich auch in den Urteilen vom 22. 6. und 22. 7.
1915 (s. oben) aus. Auch das Bayer. Ob. L. G. hat zunächst im
Urteil vom 28. 1. 1915 (s. oben) die Zulässigkeit der Bestrafung
fahrlässiger Handlungen mit der sicherheitspolizeilichen Natur
der vorliegenden Verordnung begründet, dann aber im Beschluß
vom 20. 5. 1915 (J.W. 1915 S. 1211) ganz allgemein gesagt:
die Vergehen nach Art. 4 Ziff. 2 K. Z. G. sind Polizeidelikte,
die vorsätzlich und fahrlässig begangen werden können.
Dies wird in der Regel wohl zutreffen, kann aber nicht
immer ausschlaggebend sein. Es sind immerhin Verordnungen
denkbar, die nicht vorwiegend polizeilicher Natur sind. Es wird
an dem oben wiedergegebenen Grundsatz des Reichsgerichts
festzuhalten sein, der eine Prüfung der einzelnen Verordnungen
nach dieser Richtung verlangt (wie hier Menner, IJ.W. 1916
S. 86).
Der Begriff der Fahrlässigkeit wird bei Vergehen gegen
b nicht anders auszulegen sein als bei anderen Delikten:
Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter die nach der Sachlage
gebotene, von ihm vernünftigerweise zu fordernde Sorgfalt
und Umsicht nicht anwendet, infolgedessen der rechtswidrige
Erfolg eintritt und der Täter diesen nach seiner Persönlichkeit
als Folge seiner Nachlässigkeit voraussehen konnte: so R. G. III
vom 12. 4. 1915 (s. oben) und I vom 4. 11. 1915 (Leipz.Z 1916
S. 357). Auf den Grad der Nachlässigkeit kommt es dabei nicht
an. Mit Rücksicht auf die Umstände, wie sie heute vorliegen,
die eine besonders strenge Pflichterfüllung von jedem verlangen,