Buchstabe b: Der strafrechtliche Tatbestand. 237
handlungen anerkannt, allerdings unter einer üÜberspannung
der Sorgfaltspflicht: so in den Urteilen vom 6. 7. 1915 (D. Str. Z.
1915 S. 467, Leipz.8 1915 S. 11664, D.J. . 1915 S. 893)
und vom 11. 5. 1915 (D. Str. Z. 1915 S. 366, Leipz. Z. 1915
S. 849/); ähnlich auch R. G. III vom 17. 1. 1916 (Leipz. Z. 1916
S. 6004).
4. Es bleibt noch zu erörtern, welche Wirkung eine Auf-
hebung oder Abänderung eines Verbots des M. B. auf eine
zur Zeit der Geltung des früheren Verbots begangene Zu-
widerhandlung hat, wensn die Aburteilung der Zuwiderhandlung
erst nach der Aufhebung oder Abänderung erfolgt. Hier ist viel-
fach, so u. a. von Seifert (J. W. 1915 S. 612) die Anwendung
des # 2 Abs. 2 St. G. B. verlangt worden, so daß also bei einer
Aufhebung des Verbots zwischen Tat und Aburteilung Straf-
losigkert eintreten würde. Es wird dies aus dem Sinn des § 2
Abs. 2 gefolgert, der für den hier in Betracht kommenden Fall
dahin gehe, daß die früher für straffällig erachtete Handlung
dieses Charakters entkleidet sei und daß es daher rechtlich zu
mißbilligen sei, wenn jemand aus einer aufgehobenen Straf-
androhung bestraft würde, der, wenn er die Tat zur Zeit der
Aburteilung begangen hätte, nicht bestreft werden könnte. Diese
Auslegung ist aber unrichtig. 5J 2 Abs. 2 St. G. B. spricht lediglich
von einer Anderung des Gesetzes, d. h. Strafgesetzes. Straf-
gesetz ist aber im vorliegenden Falle nur der § 9b. Die Verbote
sind Verwaltungsanordnungen, die diesem Gesetz für den
einzelnen Fall seinen Inhalt geben; sie müssen sich innerhalb
der Tatbestandsmerkmale des § 9b halten und bestimmen ledig-
lich die Voraussetzungen seiner Anwendbarkeit. 8 yb ist auch
allein maßgebend für die Strafandrohung, die in dem Verbot
nicht enthalten zu sein braucht. Das Strafgesetz, eben der 8 9b,
ist daher bei einer Aufhebung des Verbots nicht geändert: so
R. G. III vom 1. 7. 1915 (Leipz. Z. 1915 S. 123720); ebenso IV.
vom 29. 9. 1915 (Leip.zZ. 1915 S. 15198), I vom 14. 10. 1915
(ebenda S. 16554, Recht 1915 S. 612 Nr. 1129, Pr. Verw. Bl.
Bd. 37 S. 263 VI), V vom 12. 10. 1915 (Recht 1915 S. 612