Contents: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Heer (Militärdienst) 
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ausnahmsweise seitens der kommandierenden 
Generale und der Gouverneure und Komman- 
danten der Festungen. Nach dem Aufruf finden 
auf die von ihm betroffenen Landsturmpflichtigen 
die für die Landwehr geltenden Vorschriften An- 
wendung. An einer Friedensorganisation fehlt 
es; die Kriegsorganisation wird vom Kaiser be- 
stimmt. Der Landsturm ist in zwei Aufgebote 
geteilt. Das erste Aufgebot besteht aus den mili- 
tärisch nicht ausgebildeten Mannschaften, welche 
aus irgend einem Grunde zur Ableistung der akti- 
ven Dienstpflicht nicht gelangt sind; es ist grund- 
sätzlich zur Ergänzung des H. und der Marine zu 
verwenden. Zum zweiten Aufgebot gehören die 
militärisch ausgebildeten Mannschaften nach ihrem 
Ausscheiden aus der Landwehr und die unausge- 
bildeten Landsturmpflichtigen vom 39. bis 45. Le- 
bensjahre; er soll in der Regel in besonderen. 
Abteilungen sormiert und zum Bewachungs= und 
Etappendienst verwendet werden. 
s 5. Ter Militärdienst. Die Verpflichtung 
zum Militärdienst ist teils eine gesetzliche (Wehr- 
pflicht) teils eine freiwillig übernommene. 
I. Die Wehrpflicht ist die staatsbürgerliche 
Verpflichtung zur Dienstleistung in der bewaffne- 
ten Macht (Heer, Marine, Landsturm). Befreit 
davon sind nur die Mitglieder regierender Häuser, 
der mediatisierten (7) vormals reichsständischen 
Häuser und derjenigen Häuser, welchen die Befrei- 
ung durch Verträge zugesichert ist oder auf Grund 
besonderer Rechtstitel zusteht. Da die Wehrpflicht 
nur Reichsangehörige trifft, so ist die Auswande- 
rung [I, um sich dem aktiven Dienst im H. oder 
der Flotte zu entziehen, verboten, R v. 1. 6. 70 
5 15 Abs 2. Die Wehrpflicht dauert vom vollende- 
ten 17. bis zum vollendeten 45. Lebensjahre und 
zwar gehört der wehrfähige Deutsche in der Regel 
vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. 
Lebensjahr dem stehenden H., die folgenden 5 
Lebensjahre der Landwehr I. Aufgebots, sodann 
bis zum 39. Lebensjahr der Landwehr II. Aufge- 
bots und schließlich bis zum Ende der Wehrpflicht 
dem Landsturm an. Mannschaften, welche kraft 
gesetzlicher Verpflichtung (Kavallerie und reitende 
Feldartillerie) oder freiwillig im stehenden H. 
drei Jahre aktiv gedient haben, dienen in der Land- 
wehr I. Aufgebots nur drei Jahre. Die Ersfüllung 
der Wehrpflicht ist durch eine Reihe von Straf- 
drohungen gesichert: StG#B 5# 142, 143, MSt GB 
## 81 ff. Die Wehrpflicht umfaßt folgende ein- 
zelne Pflichten: 
1. Die Militärpflicht besteht darin, daß 
der Wehrpflichtige der Aushebung zum Dienst 
im stehenden H. oder in der Flotte unterworsen 
ist; sie beginnt mit dem vollendeten 17. Lebens- 
jahre und endigt mit der definitiven Entscheidung 
über die Dienstpflicht. Sie besteht in der Pflicht 
zur Anmeldung behufs Eintragung in die Stamm- 
rolle (MilitärG #§ 31) und zur Gestellung zur Mu- 
sterung und zur Aushebung vor den Ersatzbehörden. 
2. Die aktive Dienstpflicht ist eine 
potenzierte Untertanenpflicht und hat Gehorsam 
und Treue zum Inhalt, deren Verletzung mit 
schweren Strafen bedroht ist; ihre Erfüllung wird 
außerdem durch den Fahneneid gesichert. Da 
der Untertan durch den Dienst an einer Er- 
werbstätigkeit gehindert ist, so übernimmt der 
Staat die Fürsorge für seine Lebensbedürfnisse, 
  
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teils durch Naturalverpflegung, teils durch Geld- 
gewährung. 
3. Die Dienstpflicht in der Re- 
serve und in der Landwehr. Ge- 
meinsam ist beiden, daß sie die militärische Aus- 
bildung der Wehrpflichtigen, also die Ableistung 
der aktiven Dienstpflicht zur Voraussetzung haben; 
ferner daß die Wehrpflichtigen vom aktiven Dienst 
zwar dispensiert sind, aber sich bereit halten müs- 
sen, der Einberufung zu den Fahnen Folge zu 
leisten; endlich daß die Mannschaften zu Uebungen, 
Kontrollversammlungen und Meldungen verpflich- 
tet sind. Die Reservemannschaften sind zu zwei 
Uebungen von höchstens je acht Wochen, die Mann- 
schaften der Landwehrinfanterie I. Aufgebots zu 
zwei Uebungen von 8—14 Tagen verpflichtet. 
4. Die Ersatzreservepflicht ist eine 
eventuelle Dienstpflicht. Die Ersatzreservisten 
haben 3 Uebungen von 10, 6 und 4 Wochen zu 
machen; und zwar wird alljährlich die Zahl der 
zur ersten Uebung einzuberufenden Mannschaften 
durch den Reichshaushaltsetat festgesectzt. Hinsicht- 
lich der Kontrolle und Meldepflicht gelten für die 
Ersatzreserve dieselben Regeln wie für die Land- 
wehr I. Aufgebots. Die Zugehörigkeit zur Ersatz- 
reserve dauert 12 Jahre, nach Ablauf derselben 
treten diejenigen Ersatzreservisten, welche geübt 
haben, zur Landwehr II. Aufgebots, die übrigen 
zum Landsturm I. Aufgebots über. G v. 11. 2. 88. 
5. Die Landsturmpflicht ist eine sub- 
sidiäre Dienstpflicht derjenigen Wehrpflichti- 
gen, welche weder dem H. noch der Marine ange- 
hören; sie sind weder einer Kontrolle unterworfen 
noch zu Uebungen verpflichtet, sobald jedoch das 
Aufgebot ergangen ist, finden die vo#r der Land- 
wehr geltenden Vorschriften Anwendung (oben 
( 4 am Ende). 
6. Die Dienstpflicht der Einjährig-Frei- 
willigen und der Olfiziere des Be- 
urlaubtenstandes ist eine modifi- 
ierte Erfüllung der Wehrpflicht. Diese be- 
sondere Art der Dienstleistung beruht auf dem 
freien Willen des Wehrpflichtigen; Niemand kann 
dazu gezwungen werden. Voraussetzungen für 
den Dienst als Einjährig-Freiwilliger sind: „die 
nötige moralische Qualifikation, der Nachweis 
wissenschaftlicher Bildung und Uebernahme der 
Verpflichtung zur Selbstverpflegung"; Voraus- 
setzung für die Ernennung zum Reserveoffizier 
ist außer der Erlangung der Qualifikation die Wahl 
durch das Offizierkorps des Landwehrbataillons, 
welchem der Aspirant angehört. 
II. Die freiwillig übernommene 
Militärdienstpflicht ist der Dienstpflicht 
der Staatsbeamten gleichartig, wenngleich im 
einzelnen vielfach anders geregelt. Die Pflicht 
zur Dienstleistung ist begrifflich von dem Amt 
(Kommando) zu unterscheiden; das Dienstver- 
hältnis erzeugt auch Pflichten für den Offizier usw., 
wenn ihm ein Amt nicht übertragen ist, wenn er 
„zur Disposition" gestellt ist. Die Personen, welche 
eine Dienstpflicht im H. oder in der Marine über- 
nommen haben, sind entweder Personen des 
Soldatenstandes oder Militärbeamte. Auf die 
letzteren findet das Reichsbeamtengesetz Anwen- 
dung und andererseits hat das Militärstrafgesetz- 
buch im Frieden für sie keine Geltung, und auch 
im Felde nur teilweise. Die Personen des Sol- 
datenstandes zerfallen wieder in zwei Klassen,
	        
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