314 s 183.
keine Vorschriften, vor allem nicht die der M. St. G. O. ge-
bunden ist. "
Eind die Artikel 5 und 6 aber im Einzelfalle nicht aufgehoben,
so ist es nicht zutreffend, eine Freiheit von den Vorschriften der
St. P. O. anzunehmen, wie Goldschmidt dies tut: er folgert
dies einmal in Anlehnung an § 30 der bayer. Vollzugsvorschrift
aus der summarischen Natur des Verfahrens, sowie daraus,
„daß die Reichsjustizgesetze auf das Verfahren vor den Sonder-
gerichten grundsätzlich keine Anwendung finden.“ Die Anlehung
an die Vollzugsvorschrift, die allerdings die Anwendung der
entsprechenden Vorschriften der St. P.O. ausdrücklich aus-
schließt, ist aber hier verfehlt: diese Vorschrift hängt mit der
ausdrücklichen Bestimmung des bayerischen St. G. B. von 1813
zusammen, die das standrechtliche Verfahren als summarisch
bezeichnet. Eine solche Bestimmung fehlt aber dem B. Z. G.
völlig. Das Verfahren der a. o. K.G. soll ein beschleunigtes sein,
aber es ist kein summarisches; und es fehlt jeder Anhalt im Gesetz,
durch den auch ohne Suspension der Art. 5 und 6 Verf. Urk.
die in diesen enthaltenen Grundrechte außer acht gelassen werden
können. Ohne Suspension können daher auch von den a. o. K. G.
Verhaftungen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen nur in
den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen und Formen vor-
genommen werden. Die landesrechtlichen Fälle über Schutz-
haft usw. würden natürlich für das a.o. K. G. nicht ausreichen.
Es bleibt also nichts übrig, als auf die in der St. P. O. geregelten
Fälle und Formen zurückzugreifen. Daß die Vorschriften der
St. P. O. auch im Verfahren vor dem a. o.K.G. analog an-
gewendet werden können, hat Goldschmidt selbst S. 3ff. aus-
geführt (vgl. oben Vorbem. III vor §5 10—15). Ist also eine
Euspension der Artikel 5 und 6 nicht eingetreten, so kann auch
das a.o. K. G. eine Verhaftung, Durchsuchung oder Beschlagnahme
nur unter den in der St. P. O. geregelten Voraussetzungen an-
ordnen. Die Anordnung erfolgt in diesen Fällen im Ermittelungs-
verfahren durch das a.. K. G. als Kollegialgericht, nicht durch den
Vorsitzenden; denn dieser vertritt bei der Leitung des Er-