Das Urteil. 337
durch die Berufungsinstanz, fordert aber nicht den Eintritt eines
neuen Richterkollegiums im erneuten Verfahren. Es liegt kein
Grund vor, für die a. ö. K. G. einen abweichenden Weg ein-
zuschlagen. Aus dem Grunde der Unanwendbarkeit des § 432
M. St. G. O. ist auch die Ansicht Goldschmidts unzutreffend,
daß der M. B. die Erledigung der Sache im ordentlichen Ver-
fahren verfügen kann. Ein solches Recht des M. B. ist mit der
Konstruktion des a.. K. G. im B. Z. G. gänzlich unvereinbar.
Zuständig zur Bestätigung oder Aufhebung des urteils ist
nach Ziffer 6 der in 37 bezeichnete M. B. Durch diese Bestimmung
entsteht auch hier wieder dieselbe Frage, wie sie bereits Bem. 1
zu & 7 erörtert ist. Denn wer Befehlshaber der Besatzung des
in Kriegszustand erklärten Ortes oder Distriktes ist, läßt sich nur
dann genau bestimmen, wenn die Erklärung des Kriegszustandes
sich nur auf einen Ort oder einen räumlich beschränkten Bezirk
erstreckt. Die Frage, wie es zu halten ist, wenn das ganze Reichs-
gebiet in Kriegszustand erklärt wird, ist bisher in der Literatur,
auch von Goldschmidt und Stenglein nicht behandelt worden,
übrigens ein erfreuliches Zeichen, wie wenig Todesurteile bisher
von den a. o. K. G. gefällt worden sind, wodurch die Frage nicht
akut geworden ist. Sie läßt sich nicht ohne weiteres in derselben
Weise wie für die Militärstrafgerichtsbarkeit entscheiden: eine
analoge Anwendung det betreffenden Bestimmungen der
M. St. G. O. ist hier noch weniger durchzuführen wie sonst. Für
die Zuständigkeit in diesem Falle kämen nun entweder der örtliche
M. B. oder der M. B., der die a. . K. G. einsetzt, also der Kom-
mandierende General oder der Festungskommandant in Frage.
Das Gesetz will nun offenbar den örtlichen M. B., den es in §9§ 11
und 12 nennt, für die Bestätigung des Todesurteiles ausschließen;
sonst hätte es ja ebenso gut wie den 5 7 auch den 8 11 oder # 12
zitieren können; es will also die Bestätigung einem höheren
Militärbefehlshaber zuweisen. Das kann aber nur, da es bei
Erklärung des ganzen Reichsgebietes in Kriegszustand einen
Befehlshaber im Sinne des §& 7 nicht geben kann, der Kom-
mandierende General oder der Festungskommandant sein.
Pürschel, Belagerungsgesetz. 22