Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Die Vollstreckung des Urteils. 341 
könnten, durch eine möglichst rasche und ungehemmte Voll- 
streckung abschreckend zu wirken, für eine Begnadigung Raum 
ist, und bejahendenfalls, ob ein Gnadengesuch die sofortige 
Vollstreckung hemmt. Im allgemeinen sind die Fragen sowohl 
in der Literatur als auch in der Praxis bejahend beantwortet 
worden. Abweichender Ansicht ist, soweit ich sehen kann, nur 
Mehliß a.a. O. Auch er will zwar die Möglichkeit einer Be- 
gnadigung nicht unbedingt ablehnen, er will sie aber von dem 
Ermessen des zur Vollstreckung der Strafe berufenen M. B. 
abhängig machen; erachte dieser eine sofortige Vollstreckung im 
Interesse des mit dem Kriegszustand verbundenen Zweckes für 
erforderlich, so falle jede Begnadigung und jeder Strafaufschub 
zum Zwecke der Herbeiführung der Begnadigung ohne weiters 
weg; halte er sofortige Vollstreckung nicht für geboten, so sei die 
Begnadigung möglich, und der M. B. könne auch Strafaussetzung 
gewähren. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß solche 
Rechte des M. B. mit dem Gnadenrecht der Krone unvereinbar 
sind. Hält man eine Begnadigung überhaupt für zulässig, so 
kann das Gnabenrecht des Königs nicht von dem Belieben einer 
untergeordneten Stelle abhängig gemacht werden. Eine un- 
bedingte Zulässigkeit der Begnadigung nehmen dagegen Schaeffer 
(Recht 1915 S. 65 f.), Cramer (Recht 1915 S. 85), Goldschmidt S. 14 
und 42, v. Suttner S. 34, sowie auch Arndt (Recht 1915 S. 73 ff.), 
Rosenberg (D.J.. 1915 S. 149ff.) und Olshausen (Goltd.Arch. 
Bd. 61 S. 508) an. Diese Ansicht ist auch trotz der Fassung des 
Gesetzes zutreffend: denn das Gnadenrecht der Krone erstreckt 
sich auf alle Strafen, gleichgültig, von welchen Gerichten sie 
verhängt werden; ein Ausschluß des Gnadenrechts würde einer 
ausdrücklichen Gesetzesbestimmung bedürfen, wie dies in Artikel 454 
des bayer. St. G. B. von 1813 für die Todesurteile des stand- 
rechtlichen Gerichts geschehen ist. Ein solcher gesetzlicher Aus- 
schluß liegt aber nicht in der Anordnung einer sofortigen Voll- 
streckung. 
Ist aber eine Begnadigung möglich, so muß auch der Auf- 
schub der Strafvollstreckung oder die Aussetzung der bereits
	        
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