Die Vollstreckung des Urteils. 341
könnten, durch eine möglichst rasche und ungehemmte Voll-
streckung abschreckend zu wirken, für eine Begnadigung Raum
ist, und bejahendenfalls, ob ein Gnadengesuch die sofortige
Vollstreckung hemmt. Im allgemeinen sind die Fragen sowohl
in der Literatur als auch in der Praxis bejahend beantwortet
worden. Abweichender Ansicht ist, soweit ich sehen kann, nur
Mehliß a.a. O. Auch er will zwar die Möglichkeit einer Be-
gnadigung nicht unbedingt ablehnen, er will sie aber von dem
Ermessen des zur Vollstreckung der Strafe berufenen M. B.
abhängig machen; erachte dieser eine sofortige Vollstreckung im
Interesse des mit dem Kriegszustand verbundenen Zweckes für
erforderlich, so falle jede Begnadigung und jeder Strafaufschub
zum Zwecke der Herbeiführung der Begnadigung ohne weiters
weg; halte er sofortige Vollstreckung nicht für geboten, so sei die
Begnadigung möglich, und der M. B. könne auch Strafaussetzung
gewähren. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß solche
Rechte des M. B. mit dem Gnadenrecht der Krone unvereinbar
sind. Hält man eine Begnadigung überhaupt für zulässig, so
kann das Gnabenrecht des Königs nicht von dem Belieben einer
untergeordneten Stelle abhängig gemacht werden. Eine un-
bedingte Zulässigkeit der Begnadigung nehmen dagegen Schaeffer
(Recht 1915 S. 65 f.), Cramer (Recht 1915 S. 85), Goldschmidt S. 14
und 42, v. Suttner S. 34, sowie auch Arndt (Recht 1915 S. 73 ff.),
Rosenberg (D.J.. 1915 S. 149ff.) und Olshausen (Goltd.Arch.
Bd. 61 S. 508) an. Diese Ansicht ist auch trotz der Fassung des
Gesetzes zutreffend: denn das Gnadenrecht der Krone erstreckt
sich auf alle Strafen, gleichgültig, von welchen Gerichten sie
verhängt werden; ein Ausschluß des Gnadenrechts würde einer
ausdrücklichen Gesetzesbestimmung bedürfen, wie dies in Artikel 454
des bayer. St. G. B. von 1813 für die Todesurteile des stand-
rechtlichen Gerichts geschehen ist. Ein solcher gesetzlicher Aus-
schluß liegt aber nicht in der Anordnung einer sofortigen Voll-
streckung.
Ist aber eine Begnadigung möglich, so muß auch der Auf-
schub der Strafvollstreckung oder die Aussetzung der bereits