Die Vollstreckung des Urteils. 343
die Entscheidung des Ministers einzuholen. Die hier geforderte
Heranziehung des B. E. ist nicht unbedenklich. Jedenfalls kann
aber von seiner Außerung das Ermessen des Vorsitzenden nicht
abhängig gemacht werden, und insbesondere ist die Einholung
der Entscheidung des Ministers bei divergierenden Anschauungen
gänzlich unberechtigt; der Minister hat lediglich über das Gnaden-
gesuch zu entscheiden, kann aber in die Strafvollstreckung eines
von ihm völlig unabhängigen Gerichts nicht eingreifen. 6
Auch darüber herrscht Streit, wem in den vom a. . K.G.
abgeurteilten Fällen das Begnadigungsrecht zusteht. Es hängt
dies wesentlich mit der schon Vorbem. II 2 zu §510—15 erörterten.
Frage zusammen, ob die a. o. K. G. Reichsgerichte, Gerichte des
Kontingentsherrn oder Landesgerichte sind. Die Vertreter
der ersten Alternative sprechen das Begnadigungsrecht dem Kaiser
zu (so Rosenberg und Olshausen); Goldschmidt S. 14 als Vertreter
der zweiten Ansicht den vier Kontingentsherren, den Königen
von Preußen, Bayern, Württemberg und Sachsen, wobei er sich
aber allerdings einer Außerung darüber enthält, wie das Ver-
hältnis bei einer Mischung der Kontingente, wie sie in Elsaß-
Lothringen vorliegt, geregelt werden soll. Die auch hier ver-
tretene dritte Ansicht, nach der die a. . K. G. Landesgerichte des
einzelnen Bundesstaates sind, weist das Begnadigungsrecht dem
Landesherrn zu (so Mehliß a. a. O. S. 465, Arndt, Recht 1915
S. 73ff., auch Cramer a. a. O. S. 85). Greift der Sprengel des
a. o. K. G. in mehrere Bundesstaaten über, so wird in analoger
Anwendung der bestehenden Gerichtskonventionen der Landesherr
desjenigen Bundesstaats zuständig sein, in dessen Gebiet der
Verurteilte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
Steht das Begnadigungsrecht dem Landesherrn zu, so
liegt die Bearbeitung der Gnadensachen auch seiner Verwaltung ob,
also z. B. in Preußen dem Justizministerium und dem Staats-
anwalt, in Elsaß-Lothringen dem Ministerium und der Staats-
anwaltschaft. Allerdings ergibt sich dadurch, wie Schaeffer a. a. O.
nicht mit Unrecht hervorhebt, ein gewisser Mißstand, insofern
die Staatsanwaltschaft mit einer Sache befaßt wird, die ihr