Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

358 §d 16. 
der R.V. das Recht zur Verhängung des Kriegszustandes zu; 
um ihm die Befugnis zu einer bloßen Suspension zu geben, 
hätte es einer ausdrücklichen Bestimmung bedurft. 
1ist aber andererseits als preußisches Landesgesetz aufrecht- 
erhalten. Darüber besteht kein Zweifel auch bei den Vertretern 
der Ansicht, daß ein landesrechtlicher Belagerungszustand durch 
Art. 68 R. V. ausgeschlossen ist: so Hänel S. 470 Anm. 19, Laband 
und Stenglein a. a. O., Haldy S. 39 in eingehender Begründung. 
III. Das Recht der Außerkraftsetzung. 
1. Zuständig zur Außerkraftsetzung der Verfassungsartikel 
nach §# 16 ist nur das Staatsministerium, und zwar ebenso wie im 
Falle des 5 2 als kollegiale Behörde, wobei ein Handeln gegen 
den Willen des Königs ausgeschlossen ist (ogl. oben Bem. IV 2 
zu 88 1 und 2). 
Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Außerkraft- 
setzung sind hier dieselben wie im Falle der 88 1 und 2: 6) Krieg 
oder auch unmittelbar drohende Kriegsgefahr; abgesehen ist 
nur von der weiteren Voraussetzung, daß die Provinzen vom 
Feinde bedroht oder teilweise schon besetzt sind. b) Aufruhr und 
dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Für diesen 
letzteren Fall hat also das Staatsministerium, wenn der Kaiser 
nicht den Kriegszustand erklärt, zwei Mittel zur Verfügung: 
Erklärung des Belagerungszustandes oder bloße Außerkraft- 
setzung der Verfassungsartikel. 
2. Die Suspension erfolgt durch einen von allen Ministern 
gegenzuzeichnenden Beschluß in derselben Weise, wie dies 
Bem. VIe zu 3 3 erörtert ist. Über die Form der Verkündung 
sagt das Gesetz nichts; es ist also insbesondere nicht die außer- 
ordentliche Form des § 3 erforderlich, da ja auch nicht solche 
in das Recht der Staatsbürger tief einschneidende Maßregeln 
getroffen werden wie beim Belagerungszustand. Es genügt, 
wie auch Haldy S. 68 annimmt, die Verkündung in den Re- 
gierungsamtsblättern. Dagegen wird die Veröffentlichung in 
den Tagesblättern praktisch, aber nicht notwendig sein.
	        
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