Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

62 8 4. 
Es macht auch keinen Unterschied, daß diese Erweiterung 
der vollziehenden Gewalt den Gemeindebehörden durch ein 
Reichsgesetz übertragen ist; denn wie schon oben ausgeführt, 
umfaßt die vollziehende Gewalt des Militärbefehlshabers auch 
die auf reichsgesetzlicher Grundlage beruhende Gewalt sämtlicher 
Behörden. Ich kann daher Minde (D. Str. 3. 1915 S. 501 f.) 
nicht folgen, wenn er in der Begründung zu einer von ihm vor- 
geschlagenen Verordnung gegen die zunehmende Verwahr- 
losung der Jugend Bestimmungen über die Lohnzahlung an 
minderjährige Arbeiter dem Machtbereich des Militärbefehls- 
habers aus § 4 entzieht. Die Praxis hat denn auch an eine der- 
artige Einschränkung sich nicht gehalten und in die noch zu er- 
wähnenden Verordnungen der Militärbefehlshaber Bestimmungen 
über die Lohnzahlung an minderjährige Arbeiter auch auf Grund 
des § 4 aufgenommen (vgl. hierzu auch Kronecker Leipz. Z. 1916 
S. 577'ff.). 
d) Die vollziehende Gewalt des Militärbefehlshabers 
umfaßt aber nicht das in Art. 63 Pr. Verf. Urkunde festgelegte 
Notverordnungsrecht des Königs. Die entgegengesetzte Ansicht 
begründet eingehend Pelargus (Leipz. S. 1915 S. 1185ff.). 
Er hält das Notverordnungsrecht für einen Bestandteil der voll- 
ziehenden Gewalt und folgert dies aus der Entstehungsgeschichte 
der preußischen Verfassung: weder der Verfassungsentwurf 
von 1848, noch die Umarbeitung desselben durch dle Kammern, 
noch die Verfassung von 1849 hätten ein Notverordnungsrecht 
gekannt; dieses UÜbergehen könne nur darin seinen Grund haben, 
daß Regierung und Versammlung das Notverordnungsrecht in 
die vollziehende Gewalt eingerechnet hätten; nach der Ver- 
fassung von 1848 und 1850 umfasse die vollziehende Gewalt, 
nachdem von der ursprünglich in der Person des Königs vereinigten 
Staatsgewalt in scharfen Umrissen die dem König belassene 
Militärhoheit, die gesetzgebende und die richterliche Gewalt aus- 
geschieden sei, die Gesamtheit aller staatlichen Aufgaben und 
Befugnisse, soweit sie nicht den genannten Gewalten angehbren: 
die vollziehende Gewalt umfasse daher auch die unmittelbare
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.