Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Begriff und Umfang der vollziehenden Gewalt. 65 
a) Dem Militärbefehlshaber steht die gesamte Berwaltung 
seines Bezirkes zu, und zwar in alleiniger, höchster und letzter 
Instanz. Eine üÜber- oder Nebenordnung irgendeiner Behörde 
findet nicht statt. Eine Beschränkung des Militärbefehlshabers 
auf die innere Verwaltung, wie Nikolai S. 21 sie unter Zugrunde- 
legung der üblichen Fünfteilung der Verwaltungstätigkeit des 
Staates (Auswärtiges, Krieg, Finanzen, Justiz und Inneres) 
will, ist begrifflich durch das Gesetz nicht gerechtfertigt, wenn es 
in dem oben wiedergegebenen Sinne zu verstehen ist. Mit Recht 
lehnt daher auch Haenel S. 437 diese Beschränkung ab und betont, 
daß die vollziehende Gewalt des Militärbefehlshabers auch auf 
andere Gebiete hinübergreifen darf, z. B. auf die Finanz- 
verwaltung (ähnlich auch Siebert, D. Str. S. 1915 S. 102). 
Eine andere Frage ist es, ob er die vollziehende Gewalt auf diesen 
Gebieten auch wirklich praktisch ausübt. Unter den heutigen, 
glücklichen Verhältnissen, wo der Feind durchweg außer Landes 
steht, wird dazu keine Beranlassung sein. Man denke aber an 
den Fall, daß der Feind ins Inland eingedrungen ist und eine 
Festung völlig von der Außenwelt abschneidet. Hier könnte 
eine Beschränkung der Gewalt des Militärbefehlshabers in dem 
von Nikolai gewollten Sinne von großem Nachteil sein. Eine 
zu enge Fassung der Machtbefugnis des Militärbefehlshabers 
ist es aber auch, wenn Conrad (Leipz. Z. 1915 S. 468) sagt, daß 
die vollziehende Gewalt nur dazu berufen sei, die verfassungs- 
mäßig zustandegekommenen Gesetze, seien es zwingende oder 
ermächtigende, in die Wirklichkeit umzusetzen. Das heißt dem 
Militärbefehlshaber ein großes und wichtiges Tätigkeitsgebiet 
der Verwaltungsbehörden entziehen, es sei denn, daß man auch 
diese Tätigkeit letzten Endes als eine Ausführung der Gesetze 
betrachtet. Verwaltung im Sinne des obigen Satzes ist vielmehr 
die gesamte Tätigkeit des Staates zur Verwirklichung seiner 
Zwecke. Sie umfaßt sowohl die vollziehende Gewalt im engeren 
Sinne, d. h. die gesetzausführende, als auch denjenigen Teil der 
Verwaltung, den man, wie Nikolai dies tut, den regierenden 
Teil neunen kann. 
Pürschel, Belagerungsgesetz. 5
	        
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