Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Begriff und Umfang der vollziehenden Gewalt. 71 
b) Als weitere Folgerung aus dem zu 1 und 2 Gesagten 
ergibt sich: 
Auch die vollziehende Gewalt des Militärbefehlshabers 
aus § 4 ist an die bestehenden Gesetze gebunden, soweit sie 
sachliche Beschränkungen geben. Denn auch die vollziehende 
Gewalt, wie sie die Verfassung aufstellt, ist und bleibt eine gesetz- 
mäßige, wie aus ihrem Gegensatz zur gesetzgebenden Gewalt 
hervorgeht. Dementsprechend können auch sämtliche Behörden, 
die aus dieser vollziehenden Gewalt die ihre ableiten, nur inner- 
halb des Rahmens der bestehenden Gesetze tätig werden. Durch 
die bloße Vereinigung ihrer Funktionen in einer Hand tritt 
eine Veränderung in dieser Richtung nicht ein, da 8 4 lediglich 
die vollziehende Gewalt übergehen läßt. Der Übergang auf den 
Militärbefehlshaber ist daher insofern eine reine Kompetenz- 
änderung, ein Wechsel in der Person ohne Veränderung oder 
Erweiterung der rechtlichen Grenzen der einzelnen Gewalten 
im Verhältnis zu den Untertanen (Haenel E. 437) oder wie 
Conrad (Leipz. Z. 1915 S. 467) dies ausdrückt: „Die vollziehende 
Gewalt ist nur ein Teil der allgemeinen Staatsgewalt, die ihrer- 
seits an die Verfassung gebunden ist und sich deshalb als Ganzes 
und in ihren Bestandteilen nur in den verfassungsgemäßen 
Grenzen bewegen darf.“ Dieser Standpunkt ist auch der 
herrschende: es vertreten ihn außer den Genannten Stenglein 
und Ebermayer (Note 3 zu § 4), Nikolai S. 22, Siebert (D. Str. Z. 
1915 S. 102), Szymanski S. 4, Menner (J.W. 1916 S. 79), Frank 
(Leipz.3. 1915 S. 3Sff.), Anschütz (gZeitschr. f. d. ges. Strafr. 
Bd. 36 S. 485), Kitzinger (ebendort S. 769), Lobe (D.J.Z. 
1916 S. 172). Auch das Reichsgericht hat in wiederholten Ent- 
scheidungen diese Ansicht geteilt: so IV vom 26. 10. 1915 (Leipz. Z. 
1916 S. 504), II vom 11. 6. 1915 (Recht 1915 S. 401 Nr. 676) 
und IV vom 21. 5. 1915 (D. Str. Z. 1915 S. 397 und Recht 1915 
S. 344 Nr. 546). 
Auch Adam a.dg.O. vertritt zunächst diesen Standpunkt, 
schränkt ihn aber dadurch ein, daß er behauptet, der Militär- 
befehlshaber übe bei allen seinen Anordnungen eigene mili-
	        
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