Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1901. (33)

XI. 261 
Verordnung. 
(Vom 6. Februar 1901.) 
Den Vollzug des Gewerbsteuergesetzes betreffend. 
Zum Vollzuge des Gewerbsteuergesetzes wird an Stelle der Verordnung vom 26. April 
1886 (Gesetzes= und Verordnungsblatt Seite 177) mit Wirkung vom 1. Jannar 1902 Nach- 
stehendes mit der Maßgabe verordnet, daß nach diesen Bestimmungen bereits bei der Ver- 
anlagung für 1902 zu verfahren ist: 
81. 
1. Gewerbliche Unternehmungen unterliegen nach Artikel 1 des Gesetzes der Gewerbsteuer Zu Artilel 
nur dann und nur insoweit, als solche innerhalb des Großherzogthums betrieben werden. des Geiebes. 
Außerhalb des Großherzogthums betriebene Gewerbsunternehmungen sind daher, auch wenn 
der Unternehmer seinen Wohnsitz im Großherzogthum hat, der Gewerbsteuer nicht unter- 
worfen. Im Großherzogthum betriebene Gewerbsunternehmungen dagegen sind auch dann 
steuerpflichtig, wenn der Unternehmer seinen Wohnsitz außerhalb Badens hat. 
2. Die Frage, ob ein Gewerbe im Großherzogthum betrieben wird oder nicht, ist nach 
Artikel 1 Absatz 3 des Gesetzes zu beantworten. Hiernach ist nicht entscheidend, wo die ein- 
zelnen gewerblichen Thätigkeitsakte vorgenommen werden, sondern wo der Mittelpunkt der 
gewerblichen Unternehmung ist. Ein solcher Mittelpunkt ist stets da anzunehmen, wo eine 
gewerbliche Niederlassung (§ 42 der Gewerbeordnung) vorhanden ist. In Ermangelung einer 
solchen oder eines Geschäftssitzes gilt der Wohnsitz des Unternehmers oder, wenn ein besonderer 
Geschäftsführer bestellt ist, dessen Wohnsitz als Mittelpunkt des Gewerbebetriebs. — Ist neben 
einem solchen Mittelpunkt der Unternehmung im Großherzogthum zugleich eine gewerbliche 
Niederlassung im Sinne des § 42 der Gewerbeordunng, eine besondere Geschäftsleitung oder 
ein besonderer Geschäftssitz im Auslande vorhanden, so gilt das Gewerbe nur insoweit als im 
Auslande betrieben, als es an dem dort gelegenen Mittelpunkt oder von diesem aus betrieben 
wird. — Stimmt die Gesetzgebung oder die Handhabung der Gesetze eines reichsausländischen 
Staats nicht mit der vorstehend getroffenen Regelung überein, so hat dies auf die inländische 
Besteuerung — unbeschadet der Vorschrift des Artikel 7 Absatz 1 des Gesetzes — keinen Ein- 
fluß. Entsteht eine Kollision mit der Besteuerung eines anderen deutschen Bundesstaats, so 
kann die Steuerdirektion — vorbehaltlich der zulässigen Rechtsmittel — aus besonderen Gründen 
auch eine andere Regelung treffen. 
3. Als gewerbliche Unternehmung gilt jede selbständig, d. i. auf eigene Rechnung 
betriebene gewerbliche Thätigkeit. 
4. Erwerbs= und Wirthschaftsgenossenschaften gelten bezüglich ihres gesammten Geschäfts- 
betriebes als gewerbliche Unternehmungen. 
5. Dagegen sind die unter das Gesetz vom 9. April 1880 (Gesetzes= und Verordnungs- 
blatt Seite 109 bis 114) fallenden, unter Bürgschaft einer oder mehrerer Gemeinden errichteten 
Sparkassen als gewerbliche Unternehmungen nicht anzusehen. 
38.
	        
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