Metadata: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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keit aus. Durch Heirat wurde er reich. Nach der Schlacht am Weißen Berge kaufte er für einen 
Spottpreis viele Güter der geächteten böhmischen Edelleute. Darunter war auch die Herr- 
schaft Friedland. 
5. Wallenstein wirbt ein Heer. Mit ungeduldigem Ehrgeiz hatte Wallen- 
stein bisher den Feldherrnstab in Tillys Händen gesehen. Sobald er daher den 
Wunsch des Kaisers, ein eigenes Heer zu besitzen, erkannte, machte er ihm den über- 
raschenden Vorschlag, ihm unentgeltlich ein Heer von 50000 Mann zu stellen. Der 
Kaiser nahm das Anerbieten an und erhob ihn zum Herzog von Friedland. Wallen- 
stein ließ die Werbetrommel rühren. Tausende strömten herbei, und in kurzer Zeit 
stand ein schlagfertiges Heer bereit; denn Wallenstein bezahlte gut und gestattete 
den Soldaten im Feindeslande volle Freiheit. Diese verehrten ihn daher fast ab- 
göttisch. Er sprach wenig; dem Tapferen zollte er unbedingtes Lob; Feigheit da- 
gegen wurde sofort mit dem Tode bestraft. Bei Vergehen im Kriege befahl er kurz: 
„Laßt die Bestie hängen.“ « 
Sein Anblick hatte etwas Düsteres und Unheimliches. Er war von langer, hagerer Ge- 
stalt, hatte eine gelbliche Gesichtsfarbe und einen finsteren, argwöhnischen Blick. Wenn er 
durch das Lager schritt, angetan mit einem scharlachroten Mantel, den Hut mit einer roten 
Straußenfeder geschmückt, dann ergriff die Soldaten ein unheimliches Grauen. Sie hielten 
ihn für unverwundbar und glaubten, er stehe mit dem Teufel im Bunde. 
6. Wallenstein zieht gegen den Feind. Bald schlug Wallenstein den Grafen 
Manzfeld an der Dessauer Brücke. Dann verfolgte er den Dänenkönig Christian, 
der von Tilly bei Lutter am Barenberge geschlagen war und nun auf seine 
Inseln flüchtete. Dorthin konnte ihm Wallenstein nicht folgen, weil er keine Schiffe 
hatte. Jetzt nahm er sich vor, eine kaiserliche Seemacht in der Ostsee zu gründen. 
Er vertrieb deshalb die Herzöge von Mecklenburg und Pommern und nahm ihre 
Länder in Besitz. Die feste Hansastadt Stralsund aber wagte es, ihm zu trotzen. — 
und verschloß ihm ihre Tore. Wallensteist bekagerte sie; allein hier scheiterte zum 
erstenmal sein Glück. Er mußte mit empfindlichem Verluste die Belagerung auf- 
geben. Noch kurz vorher soll er stolz ausgerufen haben: „Und wenn sie mit Ketten 
an den Himmel gebunden wäre, so müßte sie doch herunter.“ 
7. Wiedererstattungsbefehl. Im Jahre 1629 erließ der Kaiser auf Antrieb 1629 
der Jesuiten den Befehl, die Protestanten sollten alle eingezogenen Kirchengüter 
wieder herausgeben, auch sollte es den katholischen Fürsten freistehen, ihre evan- 
gelischen Untertanen mit Gewalt zur katholischen Kirche zurückzuführen. Ein Schrei 
tiefster Entrüstung ging durch das protestantische Deutschland. Selbst Wallenstein 
mißbilligte diesen „unverständlichen Religionseifer am kaiserlichen Hofe“. Aber 
alle Beschwerden der Fürsten und Städte waren umsonst. Da wagte es Magde- 
burg — ermutigt durch das Beispiel Stralsunds — sich offen dem kiihriche Veo— 
zu widersetzen. Schon rückte Pappenheim, einer der kühnsten unter den Haupt- 
leuten Wallensteins, herbei, um den Widerstand des „Ketzernestes“ zu brechen. Aber 
ein unerwartet eintretendes Ereignis hinderte ihn an der Ausführung seines Vor- 
habens, nämlich die Absetzung Wallensteins. 
8. Wallensteins Absetzung. Schon lange war Wallenstein bei den Fürsten 
seines unerhörten Übermutes wegen verhaßt. Sein durch Schandtaten gebrand- 
marktes Heer verübte überall die größten Grausamkeiten. Die Offiziere schwelgten 
von dem Gute der im Elende schmachtenden Bauern. Was die rohen Soldaten 
nicht verzehren konnten, verdarben sie aus Mutwillen. Da forderten die Fürsten 
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