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§ 2.
Die Einsargung der Leiche hat in Gegenwart einer sachverständigen Person zu erfolgen,
welche im Großherzogtum Baden seitens der Ortspolizeibehörde des Sterbeortes oder des seit-
herigen Bestattungsortes hierzu zu bestimmen ist Bei Leichen von Angehörigen der Armee
oder der Marine wird diese sachverständige Person von der zuständigen Militärbehörde oder
Dienststelle, im Ausland in Ermangelung einer für den Ort zuständigen Landesbehörde von
dem Gesandten oder Konsul des Reichs bestimmt.
Die Leiche muß in einem hinlänglich widerstandsfähigen, luftdicht zu verlötenden Metallsarg
eingeschlossen und dieser von einem festgefugten Holzsarge dergestalt umgeben sein, daß jede
Verschiebung des Metallsarges in der Umhüllung verhindert wird. Der Holzsarg ist in einer
Kiste derart zu verpacken, daß auch hier jede Verschiebung des Juhalts ausgeschlossen ist.
Falls die Leiche nicht vollständig einbalsamiert wird, und es sich nicht um eine Beför-
derung von kürzerer Dauer handelt, ist die Leiche durch Einspritzung einer konservierenden
Flüssigkeit, z. B. von etwa fünf Litern einer weingeistigen Lösung von Formaldehyd (zehn-
prozentig) oder Rohkresol (fünfprozentig) oder Sublimat (zweiprozentig) oder Chlorzink (zehn-
prozentig) in eine oder mehrere leicht zugängliche Arterien u. s. w. gegen Verwesung möglichst
zu schützen; auch ist der Boden des inneren (Metall= Sarges mit einer reichlichen Schicht
Sägemehl, Torfmull oder mit anderen aufsaugenden Stoffen zu bedecken.
Diese Bestimmungen finden sinngemäße Anwendung bei Leichen (Leichenresten), welche
für die überseeische Beförderung wieder ausgegraben worden sind.
83.
Sollen Leichen von Personen, welche während der Reise an Bord gestorben sind, aus-
nahmsweise bis zum Bestimmungshafen mitgeführt werden, so ist tunlichst nach § 2 Absatz 2
und 3 zu verfahren. Dauert die Reise von der Todesstunde bis zur Ankunft am Begräbnis-
orte weniger als drei Tage, so darf von der Einsargung abgesehen werden.
Leichen von Personen, welche während der Reise an Cholera, Fleckfieber, Pest oder
Pocken verstorben sind, dürfen an Bord nicht weiter befördert werden.
84.
Leichen sind an Bord von Schiffen tunlichst getrennt von Nahrungs- und Genußmitteln
und derart aufzubewahren, daß eine Belästigung der Reisenden und der Besatzung vermieden wird.
86.
Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Juli 1906 in Kraft.
Neben dem Leichenpaß für den Transport auf dem Seeweg bedarf es regelmäßig auch
eines der Verordnung vom 1. Februar 1888, den Transport von Leichen betreffend, ent-
sprechenden Leichenpaßes für die Beförderung der Leiche auf dem Landweg. (Vergleiche auch
§ 42 der Eisenbahnverkehrsordnung vom 26. Oktober 1899 in der Fassung vom 18 Juni 1902.
Reichsgesetzblatt 1899 Seite 572 ff., 1902 Seite 236.)
Karlsruhe, den 28. Juni 1906.
Großherzogliches Ministerium des Innern.
Schenkel. Dr. Zierau.