XXIX. 277
Die Schreibschrift der Fibel kann nach allgemeiner Erfahrung etwa an Weihnachten und
die Druckschrift an Ostern erledigt sein, so daß den Kindern bei Beginn des zweiten Schul-
jahres das Lesen leichter Stücke des amtlichen Lesebuches zugemutet werden kann.
841.
Bei der Auswahl der Stücke des Lesebuches soll, insbesondere in den unteren und mitt-
leren Schuljahren, die Rücksicht auf den gleichzeitigen Sachunterricht mitbestimmend sein.
8 42
Jedes Lesestück ist seinem inneren Werte und dem Grade seiner Schwierigkeit entsprecheud
zu behandeln. Die äußerliche Unterscheidung einer statarischen und einer bloß kursorischen
Behandlung ist unzulässig.
Gedichte müssen, bevor sie auswendig gelernt werden, ebenfalls erklärt werden. Die
Erklärung darf aber nicht allzu eingehend und ermüdend sein, weil sonst der poetische Duft
verwischt und gerade die Hauptsache nicht erreicht wird, nämlich die Empfänglichkeit der
Kindesseele für die unmittelbar wirkende Schönheit einer Dichtung.
Im Anschlusse an die Behandlung der Gedichte soll auf die Lebensverhältnisse unserer
namhaftesten Dichter aufmerksam gemacht werden.
8 43.
Bei der Behandlung eines Lesestückes empfiehlt es sich, etwa folgenden Gang einzuhalten:
Vorbereitung, die bei den Anfängern eingehender, in den oberen Schuljahren dagegen
kurz sein kann;
fesselnde mündliche Darbietung des Stoffes durch den Lehrer;
Lesen des Stückes durch die Schüler;
Erklärung, gegebenenfalls mit Nutzanwendung;
. zusammenhängende Wiedergabe durch die Schüler.
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8 44.
Die mündliche Darbietung des Inhaltes eines Lesestückes durch den Lehrer ist auf allen
Stufen des Unterrichts, jedoch nur bei der erstmaligen Behandlung, unerläßlich.
Bei der erstmaligen Erklärung sehen die Schüler in das Buch, schließen es aber bei der
späteren Wiederholung.
8 45.
Die zusammenhängende mündliche Wiedergabe des Gelesenen durch die Schüler richtet
sich zweckmäßigerweise in den unteren Schuljahren nach andeutenden Zwischenfragen des Lehrers,
in den mittleren nach den Absätzen des Stückes im Buche und in den oberen nach der zuvor
festgestellten und an die Wandtafel geschriebenen Gliederung des Lesestites.
Gesetzes= und Verordnungsblatt 1906.