Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1907. (39)

31 III. Vormundschafts= und Pflegschaftssachen. 
bisherige Vormundschaftsgericht; diesem kann es überlassen bleiben, den früheren Vormund 
vom Eintritt der Armenvormundschaft zu benachrichtigen und die Vormundschaft gemäß § 16 
des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit au ein Vormundschafts- 
gericht im Bezirke der die Armenvormundschaft führenden Armenverwaltung abzugeben. 
5. Soweit aber die Vormundschaft von einer ausländischen Behörde geführt wurde, soll 
die Anzeige dem am Sitze der Armenverwaltung befindlichen Amtsgericht erstattet werden, 
damit dieses nach §§ 36, 47 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts- 
barkeit und Artikel 4 des Haager Abkommens vom 12. Juni 1902 zur Regelung der 
Vormundschaft über Minderjährige (Reichsgesetzblatt 1904 Seite 240 folgende) erwägen kann, 
ob um Abgabe der Vormundschaft aus Inland ersucht werden soll. 
1) Dies Gesetz besagt in 
Urtikel III. 
Gemeinden oder Kreise können mit Genehmigung der Ministerien der Instiz und des Innern durch eine statutarische 
Bestimmung, welche in der für die orts= oder bezirkspolizeilichen Vorschristen maßgebenden Form zu verösfentlichen ist. beschließen, 
daß Beamten der Gemeindearmenverwaltung oder der Kreisarmenverwaltung alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines 
Vormunds für diejenigen Minderjährigen übertragen werden, welche im Wege der öffentlichen Armenpflege unterstützt und 
unter Aufsicht der Beamten entweder in einer von diesen ausgewählten Familic oder Anstalt oder, sofern es sich um unehe- 
liche Minderjährige handelt, in der mutterlichen Familie erzogen oder verpflegt werden. 
Der Beamte behält die Rechte und Pflichten des Vormunds auch nach Beendigung der Erziehung oder Verpflegung bis 
zur Volljährigkeit des Mündels. 
Die Befugnis des Vormundschaftsgerichts, einen anderen Vormund zu beslellen, bleibt unberührt. Auf Antrag der 
Armenverwaltung ist ein anderer Vormund zu besteüen. 
Die Armenverwallung hat dem Vormundschaftsgericht die Namen der Minderjährigen, für welche alle oder einzelne 
Rechte und Pflichten des Vormunds auf den Beamien der Armenverwaltung übergehen, unter Angabe des dafür maßgebenden 
Zeilpunktes anzuzeigen. 
Artikel IV. 
Werden in den Fällen des Artikel III dem Beamten alle Rechte und Pflichten eines Vormunds übertragen, so gelten für 
diese Vormundschaft außerdem noch folgende Bestimmungen: 
1. Mit dem Zeitpunkte, in welchem alle Rechte und Pflichten des Vormunds auf den Beamten übergehen, endigt das 
Amt des bisherigen Vormunds. 
2. Neben dem Beamten ist ein Gegenvormund nicht zu bestellen. 
3. Dem Beamten stehen die nach § 1852 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zu. 
Psticht des überlebenden Elteruteils und des Vormunds zur Vermögensverzeichnung. 
§ 73. 
1. Das von dem Notariat als Nachlaßgericht gemäß § 46 Absatz 1 des Rechtspolizei- 
gesetzes aufgestellte Nachlaßverzeichnis oder die Urkunde über die an die Nachlaßverzeichnung 
sich etwa anschließende Auseinandersetzung wird sich meist ohne weiteres oder nach unbedeutenden 
Ergänzungen als Vermögensverzeichnis verwenden lassen, welches der überlebende Elternteil 
beim Tode des anderen Elternteils oder bei Anordnung der Vormundschaft der Vormund 
gemäß §8 1640 Absatz 1, 1686, 1802 Absatz 1 (vergleiche auch § 1915 Absatz 1) des 
Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Vormundschaftögericht einzureichen hat. 
2. Die Notariate haben daher bei der Aufnahme des Nachlaßverzeichnisses 
a. die gesetzlichen Vertreter (Vater, Mutter, Vormund, in den hierzu geeigneten 
Fällen auch den Pfleger) über die ihnen nach obigen Bestimmungen obliegende 
Gesetzes und Verordunngsblatt 1907. 5
	        
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