— 71 — NIV. Anlegung und Abnahme von Siegeln.
Nachlaßpapiere und Geschäftsbücher.
159 (113).
1. Finden sich im Nachlaß Schriftstücke, welche für die Vorbereitung des Nachlaßverzeich-
nisses von Bedeutung sind, wie Kaufbriefe, Auszüge aus Teilungen, Schenkungen oder Vermögens-
übergaben, Quittungen über Vorempfänge, Abschriften von Testamenten oder Eheverträgen,
Standesregisterauszüge und dergleichen, sov hat die Siegelungsbehörde dieselben zu verzeichnen
und einem Verwahrer gegen Bescheinigung zu übergeben.
2. Finden sich Testamente vor, so hat der Notar oder der Vorsitzende der Inventurbehörde
dieselben mit seinem Namenszuge zu versehen. Danach hat der Notar, wenn er zugleich der
für die Eröffnung der Testamente zuständige Notar (§ 134) ist, diese vorzunehmen. Andernfalls
hat die Siegelungsbehörde die Eröffnung durch den letzteren unter Übersendung der Testamente
zu veranlassen.
3. Sonstige verschlossene Papiere hat der Notar oder der Vorsitzende der Inventurbehörde
mit seinem Namenszug zu versehen. Danach sind dieselben je nach Umständen unter Siegel
zu legen oder einem Verwahrer zu übergeben.
4. Hinsichtlich der nach Absatz 1 und 3 zu bestellenden Verwahrer finden die Bestimmungen
des § 155 entsprechende Anwendung.
* 160 (114).
1. Geschäftsbücher, Hausbücher über Forderungen und Schulden und dergleichen sind in
der Regel unter Siegel zu legen.
2. Soll jedoch ein Handels oder Gewerbebetrieb des Erblassers nach dem Verlangen der
amwesenden Beteiligten ununterbrochen fortgesetzt werden, so ist das zur Feststellung des Inhalts
der Bücher Erforderliche vorzukehren. Zu diesem Behufe sind die Bücher geeignetenfalls unter
Beizug eines Sachverständigen abzuschließen. Kann der erhebliche Inhalt der Bücher sofort
zu Protokoll festgestellt werden, so hat der Abschluß auf diese Weise zu geschehen. Daß und
wie der Abschluß der Bücher geschehen, ist in diesen und im Protokoll zu beurkunden. In
schwierigeren Fällen hat das Ortsgericht die Entschließung des Notars einzuholen.
3. Sobald der Inhalt der Bücher zuverlässig festgestellt ist, sind sie dem zur Fortführung
des Betriebs erwählten Geschäftsführer auszufolgen.
* 161 (115).
Verfahren bei Beteiligung des Erblassers an Handelsgesellschaften.
1. Wenn der Erblasser oder dessen überlebender Ehegatte einer offenen Handelsgesellschaft,
einer Kommanditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Gesellschafter
angehört hat oder angehört, so ist dies festzustellen.
2. Die gemäß §§ 153 bis 160 vorzunehmende Verhandlung ist, wenn nicht das Nachlaß-
gericht (§ 150) etwas Anderes anordnet, auf die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen
nicht auszudehnen.
Gesetzes= und Verordnungsblatt 1907. 10