Object: Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916/18

66 II. Hilfsdienstgesetz, Ersatz- und Arbeiterfragen 
  
  
II. Einstellung aller zur Zeit Untauglichen, die an heilbaren Krank- 
heiten usw., z. B. Herzschwäche, Sportherz, allgemeine Körperschwäche 
usw. leiden, in besondere Abteilungen, die an geeigneten Orten einer 
Gesundungskur unterworfen werden. Es kommt vor allem darauf an, 
die Großstadtjugend den gesundheitsschädigenden Einflüssen zu entziehen. 
Diese Maßregel hebt gleichzeitig die Volksgesundheit. 
III. Erhöhung der Lebensaltersgrenze für die Wehr= bzw. Land- 
sturmpflicht. Ich erachte es für angängig, damit bis auf 50 Jahre herauf- 
zugehen. Wenn auch der Gewinn an Wehr fähigen zwischen 45 und 
50 Jahren nicht sehr groß sein wird, so erhalten wir doch eine große Zahl 
von Garnisondienstfähigen, die zur Ablösung Felddienstfähiger rückwärts 
der Front dienen können. 
IV. Energische staatliche Ausbildung der männlichen Jugend vom 
16. Lebensjahre an für den Militärdienst. Die ist nur möglich, wenn da- 
für eine entsprechende Entlastung in sonstiger Arbeit (in Fabriken, Fort- 
bildungs= und höheren Schulen usw.) eintritt. 
Ju 2. Zur Schaffung von Arbeitskräften bleibt das wirksamste und 
gerechteste Mittel ein Kriegsleistungsgesetz, wie es bereits früher vorge- 
schlagen ist. 
Es ist möglich, daß innerpolitische Rücksichten dagegen sprechen. Der 
bittere Ernst der Lage zwingt aber dazu, und ich hoffe, daß bei einer sach- 
lich ruhigen Aufklärung das Volk nicht zögern wird, die gewiß nicht gering 
einzuschätzenden Pflichten zu übernehmen. 
Ein Kriegsleistungsgesetz gibt 
a) die Möglichkeit, Arbeiter aus fast stillstehenden Industriezweigen 
(Textilbranche usw.) zu verpflanzen; 
b) das Personal der gesamten Nichtkriegsindustrie (Warenhäuser 
usfw.) einzuschränken und anders zu verwenden; 
c) die Arbeitskraft jedes einzelnen voll auszunutzen. 
Ich bemerke, daß ein Kriegsleistungsgesetz vor allem auch ein Akt der 
Gerechtigkeit ist. Es ist namentlich in Anbetracht des allgemeinen 
Wahlrechts schreiend ungerecht, daß ein Teil der Männer (und zwar 
durchschnittlich die kräftigsten und für den Staat wertvollsten) Leib und 
Leben vor dem Feinde einsetzt und beruflich auf das schwerste geschädigt 
wird, während die andern in Sicherheit daheim sitzen und leider vielfach 
nur für ihren Gewinn arbeiten. Wenn auch bei einem großen Teil des 
Volkes höchste Opferwilligkeit herrscht, so sind andere Teile noch weit ent- 
fernt davon. 
Arbeit für das Allgemeinwohl ist jetzt Pflicht für alle und gibt keinen 
Anspruch auf besondere Rechte, sondern ist höchstens ein Grund für die 
Existenzberechtigung.
	        
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