Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

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durch den Unternehmer selbst, dessen Geschäftsteilhaber, Prokuristen oder andere ständige Ver- 
treter unterhaltene Geschäftseinrichtungen. Nicht erfordert wird zum Begriffe der Betriebs- 
stätte ein besonderer von der Wohnung getrennter und ausschließlich der Ausübung des Ge- 
werbes dienender Raum; vielmehr kann ein gewerblicher Betrieb auch in der Wohnung vor 
sich gehen, so daß auch die Wohnung des Steuerpflichtigen beim Zutreffen der sonstigen Begriffs- 
merkmale Betriebsstätte im Sinne des Doppelsteuergesetzes sein kann. Zur Begründung der 
Steuerpflicht im Großherzogtum gehört auch, daß der Gewerbebetrieb nicht bloß ein vorüber- 
gehender, sondern von einer gewissen Dauer ist. Hiernach wird durch bloße, wenn auch einige 
Zeit in Anspruch nehmende Montagearbeiten die Steuerpflicht nicht begründet, dagegen wird 
Steuerpflicht regelmäßig dann vorliegen, wenn ein nichtbadischer Unternehmer im Großherzogtum 
größere und erhebliche Zeit in Anspruch nehmende Eisenbahnbauten und dergleichen ausführt, 
welche die Herrichtung für längere Zeit berechneter örtlicher Anlagen (z. B. Baubureaus) 
erfordern. — Ist neben einer Betriebsstätt: der Unternehmung im Großherzogtum zugleich 
eine solche außerhalb Badens vorhanden, so gilt das Gewerbe nur insoweit als außerhalb 
Badens betrieben, als es an der dort gelegenen Betriebsstätte betrieben wird. — Die reichs- 
ausländische Besteuerung einer Unternehmung, die in Baden eine Betriebsstätte besitzt, hat 
auf ihre inländische Besteuerung keinen Einfluß. 
3. Zur Begründung der Stenerpflicht auswärtiger Gewerbsunternehmungen durch Mittels- 
personen ist abgesehen davon, daß die Vertretung für einen bestimmten badischen Ort dauernd 
bestellt sein muß, erforderlich, daß der Vertreter in einem solchen Dienstverhältnis zum Unter- 
nehmer steht, daß er als sein Geschäftsgehilse anzusehen ist, wobei es auf die äußere Bezeich- 
nung dieses Vertreters nicht ankommt. So genügt beim Handelsgewerbe die ständige Ver- 
tretung durch einen Handlungsgehilfen im Sinne des § 59 des Handelegesetzbuchs, wobei es 
nicht erforderlich ist, daß der Vertreter zum selbständigen Abschluß von Geschäften bevoll- 
mächtigt ist. Auch bei Hypothekenbanken, die einen Vertreter der angegebenen Art im Groß- 
herzogtum haben und durch diesen Hypotheken im Inland unterbringen, ist die Voraussetzung 
für den Beizug zur Einkommensteuer erfüllt, bei auswärtigen Versicherungsgesellschaften durch 
den für Baden zu bestellenden Hauptbevollmächtigten (5 115 des Reichsgesetzes über die pri- 
vaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901). Dagegen ist der Handlungs- 
agent im Sinne von §8§ 84 ff. des Handelsgesetzbuches ein selbständiger Gewerbetreibender, 
der mit dem Betrieb seines Gewerbes — des Vermittelungsgewerbes —# einen Zweig= oder 
Teilbetrieb des auswärtigen Auftraggebers nicht begründet. Dabei ist jedoch zu beachten, daß 
jemand gleichzeitig als Handlungsagent und als „ständiger Vertreter“ im Sinne des Doppel- 
steuergesetzes für ein auswärtiges Geschäftshaus tätig sein kann; beispielsweise ist es nicht 
ausgeschlossen, daß ein Generalagent in der Stellung eines Geschäftsgehilfen für eine Ver- 
sicherungsgesellschaft oder Hypothekenbank tätig ist und hinsichtlich desselben Unternehmens 
gleichzeitig sein eigenes Vermittelungsgewerbe ausübt. Durch Handlungsreisende eines 
auswärtigen Geschäftshauses wird ein Gewerbebetrieb in Baden auch dann nicht begründet, 
wenn sie ihren Wohnsitz im Großherzogtum haben. — Steuerpflicht liegt auch nicht vor, wenn 
Waren von einem auswärtigen Geschäftshaus im Großherzogtum gelagert werden und von
	        
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