Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

18 II. 
und sich dabei über die in der Begründung angeführten Tatsachen und über die Ratsamkeit 
der beantragten Abweichungen zu äußern. 
4. Der Landeskommissär hat die Anträge einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, 
welche sich namentlich darauf zu erstrecken hat, ob . 
a. die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung von Abweichungen zutreffen, 
b. die beantragte Regelung der Beschäftigung mit den Anforderungen, welche im Interesse 
der körperlichen und geistigen Entwicklung der jugendlichen Arbeiter sowie der Gesund- 
heit und des Familienlebens der Arbeiterinnen zu stellen sind, verträglich erscheinen. 
Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, ob die Einrichtung der Arbeitsräume den in ge- 
sundheitlicher Beziehung zu stellenden Anforderungen entspricht und ob die Leitung des Betriebes 
eine wohlwollende Fürsorge für die Arbeiterinnen und die jugendlichen Arbeiter erwarten läßt. 
5. In denjenigen Fällen, in welchen es sich um Abweichungen von den Bestimmungen 
über die Pausen handelt, ist die anderweite Regelung, sofern sie zulässig erscheint, von dem 
Landeskommissär mittelst schriftlicher Verfügung „bis auf Weiteres“ zu gestatten. Die Ver- 
fügung muß enthalten: 
a. die genaue Bezeichnung der Anlage oder derjenigen ihrer Teile, für welche die Ab- 
änderung gestattet worden; 
— 
b. die gestattete Regelung der Beschäftigung; 
. die etwaigen besonderen Bedingungen, von denen die Gestattung der anderweiten 
Regelung abhängig gemacht wird; 
d. die Vorschrift, daß Beginn und Ende der Arbeitszeit, wie sie durch die Verfügung 
geregelt sind, soweit es sich um jugendliche Arbeiter handelt, in dem auszuhängenden 
Verzeichnisse (Muster U), soweit es sich um Arbeiterinnen über 16 Jahren handelt, 
auf dem in den Arbeitsräumen aushängenden Auszug (Muster I#) angegeben werden 
müssen; 
e. die Bemerkung, daß die Verfügung zurückgenommen werden würde, falls die Be- 
dingungen nicht eingehalten werden oder Unzuträglichkeiten daraus entstehen sollten. 
Von der erlassenen Verfügung ist der Fabrikinspektion und der Ortspolizeibehörde eine 
Abschrift zu erteilen. 
6. Nach der gesetzlichen Vorschrift soll eine anderweite Regelung der Arbeitszeit nur 
gestattet werden, wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die Arbeiter es wünschens- 
wert machen. 
Daß Rücksichten auf die Arbeiter die anderweite Regelung wünschenswert machen, 
ist nur anzunehmen, wenn es sich darum handelt, den Arbeitern, sei es durch Abkürzung 
der Arbeitszeit, sei es durch Verlängerung der Mittagspause, sei es in anderer Weise, eine 
Erleichterung oder Annehmlichkeit zu gewähren, welche bei Einhaltung der für die Arbeiterinnen 
und insbesondere der für die jugendlichen Arbeiter gesetzlich vorgeschriebenen Pausen nicht 
durchführbar sein würde. Hier kommen auch die Fälle in Betracht, in denen Arbeitern, 
welche von der Arbeitsstätte so weit entfernt wohnen, daß sie nicht zum Mittagessen nach
	        
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