Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

II. 19 
Hause gehen können, durch Abkürzung der Pausen und der täglichen Arbeitszeit die Möglich- 
keit verschafft werden soll, einen größeren Teil des Tages zu Hause zuzubringen, als es be- 
regelmäßiger Einteilung der Arbeitszeit möglich sein würde. 
Von diesen Gesichtspunkten aus erscheint es beispielsweise, wenn die Arbeit leicht ist und 
die Art des Betriebes kürzere Ruhepausen mit sich bringt, unbedenklich, bei einer Beschäftigung 
von jugendlichen Arbeitern bis höchstens 5½ Stunden von der halbstündigen Pause ganz abzu- 
sehen oder die Vor= und Nachmittagspausen der länger als 6 Stunden beschäftigten jungen 
Leute ganz fallen zu lassen, wenn ihre tägliche Arbeitszeit auf 9 Stunden beschränkt wird 
oder diese Pausen auf je eine Viertelstunde zu verkürzen, wenn die Mittagspause um eine 
halbe Stunde verlängert oder die tägliche Arbeitszeit entsprechend verkürzt wird. Die Nach- 
mittagspause für jugendliche Arbeiterinnen an den Vorabenden von Sonn= und Festtagen kann 
erlassen werden, wenn der Schluß der Arbeitszeit bereits um 4½ oder 4¼ Uhr nach- 
mittags eintritt. 
Auch die einstündige Mittagspause der Arbeiterinnen über 16 Jahren kann bei 
einer Herabsetzung der täglichen Arbeitszeit auf 8 Stunden um die Hälfte gekürzt werden, 
wenn nach den örtlichen Verhältnissen eine halbe Stunde zur Einnahme einer Mahlzeit aus- 
reicht. Bei einer täglichen Arbeitszeit von weniger als 6 Stunden kann unter günstigen Um- 
ständen auch der gänzliche Wegfall der Mittagspause genehmigt werden. Voraussetzung ist 
auch hier, daß die Arbeit nicht anstrengend ist und kürzere Ruhezeiten nach der Art des 
Betriebes von selbst eintreten. 
7. Als Fälle, in denen die Natur des Betriebes eine anderweite Regelung der Pausen 
wünschenswert macht, können vorbehaltlich einzelner im Voraus nicht zu übersehender Aus- 
nahmen für jugendliche Arbeiter nur solche gelten, in denen ein rationeller Betrieb es nicht 
gestattet, den erwachsenen Arbeitern neben den durch den Betrieb selbst gebotenen Unterbrechungen 
noch die für die jugendlichen Arbeiter gesetzlich vorgeschriebenen regelmäßigen Vor= und Nach- 
mittagspausen zu gewähren, und in denen zugleich eine Beschäftigung junger Leute — namentlich 
auch mit Rücksicht auf die Heranbildung tüchtiger Arbeiter — unentbehrlich und nur dann 
möglich ist, wenn die jugendlichen gemeinsam mit den erwachsenen Arbeitern beschäftigt werden. 
In der Regel werden diese Voraussetzungen nur bei solchen Betrieben zutreffen, in denen bei 
der eigentlichen Herstellung nur oder vorzugsweise gelerute Arbeiter, die jugendlichen Arbeiter 
aber als Lehrlinge beschäftigt werden. In Fällen dieser Art ist die beantragte anderweite 
Regelung auf die als Lehrlinge beschäftigten jugendlichen Arbeiter zu beschränken und zur 
Sicherstellung der Einhaltung dieser Beschränkung an die Bedingung zu knüpfen, daß die Lehr- 
verträge schriftlich abgeschlossen und das Datum derselben unter der Rubrik „Beschäftigung“ 
in die Arbeitsbücher eingetragen werden. 
Wegen der Natur des Betriebes ist von der einstündigen Mittagspause der Arbeiterinnen 
über 16 Jahren in der Regel nur dann abzusehen, wenn eine einstündige Unterbrechung des 
Betriebes an sich oder wegen des Zusammenhangs der Beschäftigung der weiblichen Ar- 
beiterinnen mit der der männlichen Arbeiter nicht tunlich ist, wenn die Arbeit an sich leicht, 
für Arbeiterinnen geeignet und nicht mit Gefahr für die Gesundheit verbunden ist, und wenn
	        
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