fullscreen: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

244 Das Verfassungsrecht. 8 40 
lich die Form, in der Grenzveränderungen, also auch Entäußerungen 
des Staatsgebietes vor sich zu gehen haben. Indem die Verfassunge- 
urkunde hiernach Entäußerungen allgemein zuläßt und nur die Form 
des Gesetzes verlangt, beschränkt sie Abtretungen nicht auf gewisse 
Titel, sondern erkennt alle völkerrechtlich zulässigen als verfassungs- 
mäßig an. Es wäre z. B. gegen die Rechtsgültigkeit eines Staats- 
vertrages, durch den etwa zwecks besserer Abrundung ein Teil des 
Staatsgebietes an einen anderen Staat verkauft würde, nichts einzu- 
wenden. Die Abtretung selbst könnte allerdings nur auf Grund eines 
Gesetzes ersolgen. Nun setzen zwar die Hausgesetze, insbesondere das 
Edikt Friedrich Wilhelms I. vom 13. August 171 3½) die Unveräußer- 
lichleit des Gebietes fest. Die Hausgesetze sind aber nur in Kraft 
geblieben, soweit sie der Verfassungsurkunde nicht widersprechen, ins- 
besondere, wenn diese auf sie Bezug uimmt. Wenn dagegen die Ver- 
sassungsurkunde die Veräußerung des Staatsgebietes unter gewissen 
Voraussetzungen gestattet, so sind damit die Bestimmungen der Haus- 
gesetze, welche sie verbieten, außer Kraft gesetzt worden. 
Auf dem einheitlichen Staatsgebiete als der dinglichen Grundlage 
des Staates ruht auch dessen Titel. Von dem Titel seines Herrschers 
führt das Staatsgebiet den Titel eines Königreichs Preußen. Er 
bezeichnet das ganze versassungsmäßig dem Staate gehörige Gebiet als 
Einheit. Wenn daneben noch besonders die Provinzen Ost= und West- 
preuszen als Königreich Preußen, die anderen Teile des Staatsgebietes 
dagegen als Markgrafschaft Brandenburg, Herzogtum Pommern, 
Fürstentum Münster usw. benannt werden, so sind dies Ueberliefe- 
rungen aus der Zeit des Gesamtstaates ohne jegliche staatsrechtliche 
Bedeutung für die Gegenwart. Gleichwohl hat noch nach den Er- 
werbungen des Jahres 1866 der König den Titel eines Herzogs zu 
Schleswig, Holstein, Lüneburg, Bremen, Landgrafen zu Hessen, 
Fürsten zu Nassan usw. angenommente). Es geschah dies jedoch nur 
im Interesse der Gleichmäßigkeit, da der König noch von allen anderen 
Teilen der Monarchie die besonderen Titel fortführte. Abgesehen von 
der Bezeichnung der ebenfalls noch aus der Zeit des Gesamtstaates 
überkommenen Hof= und Erbämter nach den alten Gebieten kommt 
aber der Gebrauch der alten dinglichen Bezeichnungen kaum mehr 
15) H. Schulze, Hausgesetze, Bd. 3, S. 737. 
16) Vgl. 8 25.
	        
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