fullscreen: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

516 Artikel 29, 30. Das PrVG vom 11. März 1850. 
Dem unverändert angenommenen Satz, welcher den Art. 28 oltrV 
bildet, wurde in der I. K. (Antrag v. Jordan-Walter, I. K. 762, 771) 
hinzugesetzt: 
Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der 
öffentlichen Sicherheit, die Ausübung des in den Art. 27 und 28 
gewährleisteten Rechts. 
Politische Vereine können vorübergehenden Verboten und Be- 
schränkungen im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden, 
was die II. K. mit der Maßgabe genehmigte, daß die Worte „vorüber- 
gehenden“ usw. wie folgt umzustellen seien: „Beschränkungen und 
vorübergehenden Verboten“ (II. K. 633). Man wollte damit die Auf- 
erlegung auch dauernder Beschränkungen offenhalten. Die I. K. 
stimmte dem zu: I. K. 1279. — 
Die zur Ausführung der Art. 29 und 30 erforderlichen Be- 
stimmungen waren zur Zeit des Inkrafttretens der Verfassung in der 
oben (515) erwähnten V. vom 29. Juni 1849 enthalten, welche gemäß 
Art. 105 oktr den Kammern zur nachträglichen Genehmigung vorgelegt 
wurde. Aus den hierüber gepflogenen parlamentarischen Verhandlungen 
(R8 2 279 N. 8) ging hervor die Verordnung über die Verhütung eines 
die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Ver- 
sammlungs= und Vereinigungsrechtes vom 11. März 1850 (GS 277: 
in Wahrheit keine „Verordnung“, auch nicht eine genehmigte Not- 
verordnung (s. unten bei Art. 63), sondern ein ordnungsmäßig zustande- 
gekommenes formelles Gesetz, welches die V. vom 29. Juni 1849 nicht 
gutheißt, sondern außer Kraft und sich an ihre Stelle setzt (V. vom 
11. März 1850, § 23). Die V. vom 11. März 1850 ist im Gegensatz zu 
dem nachmals an ihre Stelle getretenen RVG als das preußische 
Vereinsgesetz (Pr VWG) zu bezeichnen. 
Nach dem Pr VWG waren Versammlungen, in welchen öffentliche An- 
gelegenheiten erörtert werden sollen, der Ortspolizeibehörde 24 Stunden 
zuvor anzuzeigen; alle öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel 
bedurften der Genehmigung dieser Behörde. Beide Arten von Versamm- 
lungen konnten polizeilich überwacht und aus den im Gesetz bezeichneten 
Gründen aufgelöst werden. Vereine waren nach dem Pr VGbesonderen 
Beschränkungen unterworfen, sofern sie 1. eine Einwirkung auf öffent- 
liche Angelegenheiten oder 2. eine Erörterung politischer Gegenstände 
in Versammlungen bezweckten. Vereine der ersten Kategorie waren 
verpflichtet, ihre Statuten und das Verzeichnis ihrer Mitglieder, sowie 
jede Anderung der Statuten und des Mitgliederbestandes der Polizei- 
behörde mitzuteilen; für die zweite Kategorie (die „politischen Vereine"“)
	        
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