Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1916. (48)

Nr. 101 — 361 
Daß der zu erwerbende Grundbesitz mit einem Wohnhause versehen ist oder versehen 
werden soll, ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen. Da das Gesetz aber, wie 
sich aus seiner Begründung ergibt, die Seßhaftmachung auf eigener Scholle fördern will, 
wird das Vorhandensein oder die Errichtung eines Wohnhauses vorausgesetzt werden müssen. 
Der Grundbesitz soll zur Befriedigung des eigenen Wohnbedürfnisses oder zur Aus- 
übung des eigenen Geschäftsbetriebes dienen. Die Erbauung oder der Erwerb von haupt- 
sächlich zur Vermietung bestimmten Häusern kann nicht in Betracht kommen. 
4. 
Unter die Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes im 
Sinne des Gesetzes sind insbesondere zu rechnen die Eutschuldung oder die sonstige Verbesserung 
der Schuldverhältnisse des Grundstücks (z. B. die Umwandlung einer kündbaren Hypothek in 
eine unkündbare Abtragshypothek), der Aufbau oder die Wiederherstellung von Wohn- und 
Wirtschaftsgebäuden, die Vergrößerung leistungsunfähigen oder leistungsschwachen Grundbesitzes 
durch Zukauf geeigneter Landflächen, die Vervollständigung von landwirtschaftlichem Inventar, 
die Ausführung von Meliorationen und dergleichen. Entscheidend ist, daß diese Maßnahmen 
nicht nur nützliche und zweckmäßige Verbesserungen darstellen, sondern daß sie die wirtschaft— 
lichen Verhältnisse im Sinne einer nachhaltigen Stärkung des Grundbesitzes wesentlich beeinflussen. 
5. 
Die Prüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die nützliche Verwendung des Geldes in 
der Person des Antragstellers gewährleistet ist. Hierfür kommen alle seine persönlichen und 
wirtschaftlichen (Gesundheits-, Berufs-, Vermögens-, Familien-) Verhältnisse in Betracht. 
Handelt es sich beispielsweise um den Erwerb landwirtschaftlichen Grundbesitzes, so wird zu. 
untersuchen sein, ob der Antragsteller an sich und, insbesondere bei verminderter körperlicher 
Leistungsfähigkeit, nach Zahl, Arbeitsfähigkeit und Vorbildung seiner Familienmitglieder, 
nach seinen Vermögensverhältnissen u. s. w. für den Erwerb eines landwirtschaftlichen Grund- 
stücks überhaupt geeignet und bejahendenfalls, welche Besitzgröße für ihn angemessen ist. 
Kommt der Erwerb einer Gartenstelle in Frage, deren Ertrag zum Lebensunterhalt des 
Antragstellers nicht ausreicht, so wird u. a. zu ermitteln sein, ob und inwieweit nebenbei 
ländliche, gewerbliche oder Heimarbeit geleistet werden muß und nach den Fähigkeiten des 
Antragstellers und seiner Angehörigen geleistet werden kann, und welche Aussichten und 
Gelegenheiten in der betreffenden Gegend hierfür gegeben sind. Dabei wird es von Wert 
sein, wenn nicht bloß eine, sondern eine gewisse Mannigfaltigkeit von Arbeitsgelegenheiten 
vorhanden ist. 
Die Kenntnis von der Leistungsfähigkeit des Antragstellers in gesundheitlicher Beziehung 
wird sich in der Regel aus der von der Militärbehörde veranlaßten ärztlichen Untersuchung 
gewinnen lassen. Gegebenenfalls ist eine beglaubigte Abschrift des bei den Versorgungsakten 
des Bezirkskommandos befindlichen ärztlichen Gutachtens einzuholen.
	        
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