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Straßenräuber bekannt oder durch schändlichen Götzendienst befleckt waren, aus
der Stadt und übergab diese kriegserfahrenen Männern, Deutschen und Slawen,
denen er am meisten Vertrauen schenkte. Sobald aber die Kunde von all diesen
Ereignissen dem damals in Polen regierenden Jaczo), einem Oheim des vorher
genannten begrabenen Fürsten, zu Ohren kam, empfand er den tiefsten Schmerz
über den Tod seines Neffen. Und da er der nächste Blutsverwandte des Ver-
storbenen war, mußte er sich in bezug auf die Stadt als für immer enterbt be-
trachten, und er brach in bittere Klagen aus. Nach Verlauf einer kurzen Zeit
bestach er indes die Bewohner der Stadt mit Geld;z sie verrieten ihm die Stadt,
und er drang unter dem Schutze des nächtlichen Dunkels mit einem großen
Polenheere ein; auch die Tore der Burg öffneten sich ihm ohne weiteres. Die
Leute des Markgrafen, die die Stadt übergeben hatten, führte er zum Schein
als Gefangene nach Polen ab. Auf die Kunde hiervon überlegte Markgraf Albrecht,
der von Jugend an tüchtig im Kriegsdienst geübt war, sofort, was man not-
wendigerweise tun müsse. Er sagte einen Heerzug an, und mit Hilfe des Herrn
Wichmann, des damaligen Erzbischofs von Magdeburg, und anderer Fürsten und
Großen sammelte er ein zahlreiches Heer. Umgeben von wackeren Kriegern,
führte er es an dem festgesetzten Tage vor die Stadt Brandenburg, die ihm
Jaczo entrissen hatte. Dort verteilte er seine Truppen auf drei Punkte rings um
die Feste. Er mußte indessen lange Zeit vor dem Platz liegen, da er außerordent-
lich stark befestigt war. Als aber nach vielem Blutvergießen die in der Stadt Ein-
geschlossenen eingesehen hatten, daß sie gar sehr bedrängt seien und den Händen
der Gegner nicht entrinnen könnten, ergaben sie sich bezwungen dem Markgrafen,
nachdem man einen Vertrag geschlossen und sich die Rechte gegeben hatte. So
gewann im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1157 am 11. Juni der ge-
nannte Markgraf durch die Gunst der göttlichen Gnade die Stadt Brandenburg
gar siegreich zurück. Nachdem er freudig mit einem großen Gefolge eingezogen
war und an einem weithin sichtbaren Orte sein Siegesbanner aufgepflanzt hatte,
sagte er nach Gebühr Gott Lob und Dank, der ihm den Sieg über die Feinde
verliehen hatte.
3a. Markgraf Albrecht der Bär im Havellande. (Teil I. Nr. 54.)
4.
Die Brüder Johann l. und Otto III.
1220—1266067).
Quelle: Pulkawa, Böhmische Chronik (Tschechisch und Lateinisch) .
Übersetzung aus dem Abdruck des lateinischen Textes bei Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis.
BGerlin 19538—1965. 4. Hauptteil. Bd 1. S. 8—14.
Im Jahre 1220 starb Albrecht II., nachdem er die Mark Brandenburg tat-
kräftig regiert hatte, und wurde im Kloster Lehnin begraben. Er hinterließ zwei
Söhne, Johann und Otto, die damals noch unmündig waren. Seine Gattin
1) Jaczo wohnte in Cöpenick bei Berlin; ob er ein polnischer Knäs (Fürst) war —
Polen reichte damals weit nach Westen — oder ob sein Land (Barnim und Teltow) da-
mals den gleichen Namen führte wie das große östliche Herzogtum, ist nicht ganz sicher.
Die Sage vom Schildhorn taucht erst in Schriften Gundlings des im Tabakskollegium
Friedrich Wilhelms I. so arg verulkten Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, auf.
:) Der nur dem Namen nach bekannte böhmische Chronist Pulkawa schrieb im Auf-
trage Karls IV. eine Geschichte des böhmischen Erbreichs. Da Brandenburg damals dem