286 II. Gesetz über den Elementarunterricht.
Die nach § 5 Absatz 1 des obigen Gesetzes (d. i. des Gesetzes vom
S. Mürz 1868 über den Elementarunterricht) den politischen Gemeinden
obliegende Verpflichtung kann weder im ganzen noch zumteile durch eine
vorzugsweise zur Erfüllung konfessioneller Zwecke begründete Kor-
Dorationsanstalt geleistet werden.
b) zu Artikel VI, als Ziffer 1 dieses Artikels, eine lÜbergangsbestimmung
dahin:
Die zur Zeit aufgrund des Regulatirs vrom 16. September 1811 be-
stechenden Lehr- und Erziehungsinstitute werden binnen Jahresfrist nach
Verkündung dieses Gesetzes aufgehohen.
Die Erste Kammer beschloß die Annahme des Artikels 1 des Entwurfs mit
dem von der Zweiten Kammer vorgeschlagenen Zusatz, dagegen bei Artikel VI die
Wiederherstellung des Regierungsentwurfs, d. h. den Strich der von der Zweiten
Kammer beigefügten Ubergangsbestimmung.
Nachdem hierauf die Zweite Kammer, dem Beschlusse der Ersten zu Artikel VI.
beitretend, den die Aufhebung der Lehr= und Erziehungsinstitute verlangenden Zusatz
hatte fallen lassen, war für den Vollzug des Gesetzes vom 18. September 1876 nur
soviel durch ausdrückliche Gesetzesbestimmung festgestellt, daß das bis dahin bestandene
Verhältnis, wornach die Elementarschulen der Weiblichen Lehr= und Erziehungs-
institute für die betreffenden Gemeinden an die Stelle der Volksschule oder eines
Teils derselben traten, nicht ferner belassen werden dürfe. Die Schuleinrichtungen
in diesen Gemeinden mußten daher jeden falls eine Umgestaltung in der Nichtung er-
fahren, daß die Volksschule, oder eine Abteilung derselben, auch für die Aufnahme
schulpflichtiger Mädchen — zu einem allen Bekenntnissen gemeinschaftlich zu er-
teilenden Unterricht — eingerichtet und nach Maßgabe der Bestimmungen des Ele-
mentarunterrichtsgesetzes mit Lehrkräften besetzt wurden.
Inwiefern aber eine solche Anderung der Schuleinrichtungen auf die rechtliche
Stellung der Lehr= und Erziehungsinstitute selbst einwirke, muß fortan, nachdem
hierüber das Gesetz vom 18. September 1876 Verfügung nicht getroffen hat, für jeden
einzelnen Fall nach dessen besonderen thatsächlichen Verhältnissen und nach den auf
diese anwendbaren, in anderweiten Gesetzesbestimmungen gegebenen Rechtsnormen be-
urteilt werden. Für sämmtliche Institute ergab sich zunächst die Frage: ob ihre
Elementarschulen nach Erlassung des Gesetzes vom 18. September 1876 als Korpo-
rationsanstalten fortbestehen können, jedoch mit Wegfall des früheren Verhältnisses,
wonach diese Schulen für den Unterricht der (katholischen) weiblichen Jugend an die
Stelle der Volksschule traten, sonach als Korporationsschulen mit dem Charakter von
Privatlehranstalten und neben einer den jetzigen Gesetzesbestimmungen ent-
sprechend auch für Mädchen-Unterricht eingerichteten Volksschule? Die Staatsregierung
entschied diese Frage in verneinendem Sinne, davon ausgehend, daß nach der Ent-
stehungs= und Entwickelungsgeschichte der Katholischen Weiblichen Lehr= und Er-
ziehungsinstitute im Großherzogtum Baden die von denselben unterhaltenen
Elementarschulen nicht blos thatsächlich, vermöge des im einzelnen Falle mit der
Gemeinde getroffenen Ubereinkommens, an die Stelle einer Mädchenschule traten,
sondern organisationsmäßig dafür bestimmt waren, eine Mädchenvolksschule zu er-
setzen. Da letzteres gesetzlich nicht mehr möglich, sei eine wesentliche Voraussetzung
des Bestehens jener Korporationsanstalten weggefallen. Einc zweite für sämtliche
Institute inbetracht kommende Frage war die: ob eine Verwendung der in den weib-
lichen Lehr= und Erziehungeinstituten vorhandenen Lehrkräfte für Volksschul-
Unterricht — d. i. eine Anstellung von Mitgliedern solcher Institute als Lehrerinnen