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b. alle Personen, welche sich ohne genügenden Ausweis umhertreiben und einen festen
Wohnsitz nicht nachzuweisen vermögen, bis zur einwandfreien Feststellung ihrer Persön=
lichkeit und Unverdächtigkeit in eine Arbeitsstätte z. B. die Arbeiterkolonie Ankenbuck
(Bezirksamt Villingen) oder in das polizeiliche Arbeitshaus Kislau (Bezirksamt Bruch-
sal) einweisen und verbringen; sie können dort zu Arbeiten, die ihren Fähigkeiten und
den Verhältnissen entsprechen, angehalten werden;
Arbeitsunfähige, welche im Laufe der letzten 12 Monate mindestens zweimal wegen
Bettels oder Landstreicherei bestraft sind, auch wider ihren Willen in eine Kreis-
pflegeanstalt oder eine sonstige geeignete Verpflegungsstätte einweisen und verbringen.
8 4.
Es ist den in §§ 1 bis 3 genannten Personen verboten, den auf § 3 gestützten Anord-
nungen der Verwaltungsbehörden zuwiderzuhandeln, insbesondere auch die ihnen zugewiesene
Unterkunfts= oder Arbeitsstätte ohne Erlaubnis zu verlassen oder die rechtmäßig zugeteilte
Arbeit ohne genügenden Grund zu verweigern.
§ 5.
Wer den Verboten dieser Verordnung zuwiderhandelt oder zu deren Übertretung auffordert
oder aureizt, wird, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Strafe bestimmen, mit Gefängnis
bis zu einem Jahre, beim Vorliegen mildernder Umstände mit Haft bis zu 6 Wochen oder
mit Geldstrafe bis zu 1500 4 bestraft.
86.
Diese Verordnung tritt mit dem 1. Jannar 1918 in Kraft.
Gleichzeitig werden die Verordnungen des stellvertretenden kommandierenden Generals
des XIV. Armeekorps
a. vom 22. Juli 1915 betreffend Bekämpfung der Landstreicherei im Kriege — Gesetzes-
und Verordnungsblatt 1915 Seite 168 —,
b. vom 11. September 1915 betreffend Bekämpfung der Landstreicherei während der Dauer
des Krieges (Zigennerunwesen) — Gesetzes= und Verordnungsblatt 1915 Seite 259 —,
c. vom 17. November 1915 betreffend Bekämpfung des Bettels und der Landstreicherei
während des Krieges (Verwahrung arbeitsunfähiger Bettler) — Gesetzes= und Verord-
nungsblatt 1915 Seite 332 —,
d. vom 12. August 1916 betreffend Bekämpfung der Landstreicherei und des Zigeuner-
unwesens in den Hohenzollernschen Landen,
aufgehoben.
Karlsruhe, den 20. Dezember 1917.
Der stellvertretende kommandierende General des XIV. Armeekorps:
Isbert,
Generalleutnant.
Druck und Verlag von Malsch & Vogel in Karlsrube.