Metadata: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

34 Die Thronfolgefrage. 
Initiative in der Regelung der Frage zuschoben, so war er 
jetzt entschlossen, diesem Verlangen nachzukommen und seine 
Action zunächst durch eine Verkündigung seiner Ansichten und 
Absichten zu beginnen. Er hatte eine Commission zur defini- 
tiven Untersuchung des Erbfolgerechts eingesetzt; das Gut- 
achten derselben wurde darauf dem Staatsrathe vorgelegt, 
und am 8. Juli 1846 dessen Beschlüsse unter der Form 
eines offenen Briefs des Königs an seine Unterthanen der 
Welt vorgelegt. Die hier gegebene Beurtheilung der Succef- 
sionsfrage wich nun so stark wie möglich von den Ergebnissen 
der preußischen Rechtsgelehrten ab. Die historische Unter- 
suchung, hieß es in dem Briefe, habe den König in der 
Überzeugung befestigt, daß für Schleswig und Lauenburg die 
Erbfolge des Königsgesetzes gelte; für einzelne Theile Hol- 
steins könne dies allerdings nicht ebenso bestimmt ausgesprochen 
werden, der König verspreche aber seinen getreuen Unterthanen, 
daß er auf alle Weise die Unverletzlichkeit des Gesammtstaats 
zu sichern bedacht sein würde. Die Kriegserklärung gegen 
die Herzogthümer war also vollständig. Aus der unbedingten 
Verwerfung der agnatischen Erbfolge in Schleswig ergab sich 
die Folgerung, daß die Verbindung Holsteins mit dem Bruder- 
stamme zerreißen würde, wenn nicht auch Holstein sich der 
Herrschaft der Weiberlinie unterwerfe. Alles, was bis dahin 
in Schleswig-Holstein als hundertjähriges, unzweifelhaftes 
Recht gegolten, war damit angefochten; die Grundlagen des 
ganzen politischen Daseins schwankten, die Bewegung der Ge- 
müther war unermeßlich. Die beiden Landtage erhoben die 
nachdrücklichste Rechtsverwahrung, die holsteiner Stände 
legten Berufung an den deutschen Bundestag ein, und Volks- 
versammlungen von vielen Tausenden wiederholten diese Be-
	        
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