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Anlage III.
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aus dem Gesetze vom 29. April 1869, betreffend die öffentliche
Armen= und Krankenpflege.
Artikel 10.
Die Unterstützungspflicht der Gemeinde erstreckt sich zunächst auf die in ihr heimat-
berechtigten hilfsbedürftigen Personen, soweit nicht diese Pflicht gesetzlich der Staats= oder
einer anderen Kasse auferlegt ist.
Unter den Voraussetzungen der Art. 3 und 4 des gegenwärtigen Gesetzes ist es Auf-
gabe der Armenupflege:
1) den ganz oder theilweise arbeitsunfähigen Personen die zur Erhaltung des Lebens
unentbehrliche Nahrung, Kleidung, Wohnung, Heizung und Pflege zu gewähren;
2) Kranken die erforderliche ärztliche Hilfe nebst Pflege und Heilmitteln zu verschaffen
und insbesondere Geisteskranke, welche der nothwendigen Aufsicht und Pflege ent-
behren, in einer Irrenanstalt unterzubringen;
3) für die einfache Beerdigung verstorbener mittelloser Personen zu sorgen, wobei jedoch
eine Verpflichtung zur Bezahlung von Stolgebühren nicht besteht;
4) armen Kindern die erforderliche Erziehung und Ausbildung zu verschaffen.
Arbeitsfähige Personen haben keinen Anspruch auf öffentliche Armenunterstützung, die
Armenpflege hat jedoch auch solchen Personen in Fällen dringender Noth die im Interesse
der öffentlichen Sicherheit oder Sittlichkeit augenblicklich unentbehrliche Hilfe zu gewähren.
Artikel 11.
Wenn Dienstboten, Gewerbsgehilfen, Lehrlinge, Fabrik= oder andere Lohn-Arbeiter,
welche außerhalb ihrer Heimat im Dienste oder in einer ständigen Arbeit stehen, wegen
Erkrankung der Hilfe bedürfen, so ist letztere nach Maßgabe des Art. 10 Abs. II Ziff. 2
von jener Gemeinde, in welcher sie zur Zeit der Erkrankung im Dienste oder in Arbeit
stehen, zu gewähren, und zwar auch dann, wenn sie in einer anderen Gemeinde wohnen.
Wurde diese Hilfe während voller neunzig Tage gewährt und dauert die Nothwen-
digkeit der Hilfeleistung fort, so ist die Heimatgemeinde der erkrankten Person verpflichtet,
letztere zu übernehmen oder die weiter entstehenden Kosten zu ersetzen.