Beil. I. 15
Das Amtsgericht Gunzenhausen hat den Kompetenz-Konflikt nach gesetzlicher Vorschrift
instruirt; Denkschriften sind aber von keiner Seite eingereicht worden.
In der heutigen öffentlichen Sitzung, in welcher diese Sache zum Aufrufe kam,
erstattete der bestellte Referent Vortrag über den Sachverhalt unter Verlesung der wichtigeren
Aktenstücke, worauf, da von Seite der richtig geladenen Parteien Niemand erschienen war,
der k. Oberstaatsanwalt den motivirten Antrag stellte, auszusprechen:
daß in dieser Streitfache der Civilrechtsweg unzuläßig sei.
Der Gerichtshof hat entschieden, daß dem Antrage des k. Oberstaatsanwalts statt-
zugeben sei und zwar aus folgenden Gründen:
Die Klägerin Karoline Heider, nun Ansorge, beansprucht vom Beklagten Johann
Zischler die Entfernung des vom letzteren mit ihrer Einwilligung auf ihrer Familien-
grabstätte im Kirchhofe zu Gunzenhausen gesetzten Grabsteines und stützt sich darauf, daß
Johann Zischler sich ihr gegenüber verpflichtet habe, diesen Grabstein wieder zu entfernen.
Dieselbe vermeint, daß ihr eine privatrechtliche Dispositionsbefugniß über die
bezeichnete Familiengrabstätte zustehe, und daß ihr Klagsanspruch schon um deßwillen gleicher
rechtlicher Natur sei, weil er sich auf ein behauptetes Vertragsverhältniß gründe.
Diese Annahme trifft aber in keiner Richtung zu.
Die Anweisung und Verleihung der einzelnen Grabstätten in den öffentlichen Kirch-
höfen — und als solcher ist der Gemeinde-Kirchhof in Gunzenhausen unbestreitbar anzu-
erkennen — erfolgt nämlich in der Regel und in Ermangelung anderwärtiger formeller
Feststellung, welche im gegebenen Falle nicht vorliegt, durch autoritären Akt der hiezu
gesetzlich verpflichteten Gemeinden als öffentlicher Korporationen, welchen das Recht aus-
drücklich eingeräumt ist, statutarische Bestimmungen und sonstige polizeiliche Vorschriften
über die in den Kirchhöfen einzuhaltende Ordnung und insbesondere über die mit der
Verleihung einer Grabstätte verbundenen Befugnisse zu erlassen und auch zwangsweise zur
Geltung zu bringen.
Art. 38, 84, 86, 92 und 99 der Gemeindeordnung vom 29. April 1869.
Die Oberaufsicht über diesen Gegenstand der öffentlichen Fürsorge aber ist den höheren
Verwaltungsbehörden übertragen.
Art. 157 a. a. O.
§. 53 der Formations-Verordnung vom 17. Dezember 1825,
§. 23 der Formations-Verordnung vom 27. März 1817.